Regisseurin Julie Gavras würdigt in ihrem Drama “Late Bloomers“ mit Isabella Rossellini und William Hurt das Älterwerden.

Eigentlich könnten Mary (Isabella Rossellini) und Adam (William Hurt), ein Ehepaar aus London, ganz zufrieden sein mit sich und ihrem Leben. Keine Wehwehchen, keine Sorgen, keine Rentenkürzung. Ihre drei Kinder sind bereits erwachsen und weder kriminell noch drogensüchtig, also wohlgeraten. Mary, Tochter eines Italieners, war früher einmal Italienischlehrerin, jetzt übersetzt sie noch gelegentlich Texte ins Englische. Arbeiten müsste sie nicht mehr, denn Adam ist ein ebenso erfolgreicher wie anerkannter Architekt.

Gleich zu Beginn des Films "Late Bloomers" erhält er eine Auszeichnung für sein Lebenswerk, und genau hier liegt das Problem: Was soll jetzt noch kommen? Mary und Adam sind alt geworden, und es gefällt ihnen nicht. Sie fürchtet, wegen gelegentlicher Vergesslichkeit an Demenz zu leiden, und geht vorsichtshalber zum Arzt. Schnell noch ein Paar Haltegriffe an die Badewanne und ein neues Telefon mit großen Tasten - man kann ja nie wissen. Er hingegen kauft sich eine Lederjacke, umgibt sich mit jungen Architekten und steigt mit einer Kollegin (Arta Doroshi), die seine Tochter sein könnte, ins Bett. Zu allem Überfluss soll Adam auch noch ein Altenheim planen ...

Das Kino entdeckt die älteren Menschen, und das ist nur folgerichtig, denn sie gehen immer noch ins Kino, während die Jüngeren zu Hause bleiben, um mit der Playstation zu spielen oder DVD anzuschauen. Das schlägt sich auch in den altersspezifischen Themen nieder, ganz egal ob in Andreas Dresens "Wolke 9" oder dem Überraschungserfolg "The Best Exotic Marigold Hotel", der weltweit bisher 130 Millionen Dollar einspielte. Ja, im Alter kann man sich noch verlieben. Oder man muss, wie in Michael Hanekes "Liebe" (läuft demnächst an) oder dem österreichischen Drama "Anfang 80", angesichts von Krankheit und Tod an der alten Liebe festhalten.

"Late Bloomers" von Julie Gavras, der Tochter von Costa-Gavras ("Z"), kommt allerdings sehr viel oberflächlicher daher. Wer keine Sorgen hat, der macht sich welche, und anstatt ihr Alter zu akzeptieren, benehmen sich Mary und Adam wie aufgeregte Teenager, die ihre Pubertät verlängern wollen. Immerhin: Isabella Rossellini, 60, und William Hurt, 62, diese beiden großen Darsteller, helfen dem Film über so manche Untiefe hinweg, und die Erkenntnis, dass man am besten gemeinsam altert, ist zwar nicht neu, aber immer noch bedenkenswert. Hauptsache, die Rente reicht.

Bewertung: annehmbar

"Late Bloomers" Frankreich/Belgien/GB 2010, 90 Min., o.A., J., R: Julie Gavras, D: Isabella Rossellini, William Hurt, Arta Dobroshi, Simon Callow, täglich im Holi, Koralle-Kino; www.latebloomers-derfilm.de