In seiner ersten Show bei Sky stichelt der Entertainer munter gegen seinen neuen Sender

Köln. Der sehr freundliche australische Programmdirektor von Sky muss etwas geahnt haben. Harald Schmidt passe sehr gut zu seinem Sender, sagt Gary Davey unmittelbar vor der Aufzeichnung. Der Entertainer sei schon ein toller Typ, habe sich prima eingelebt. Ein bisschen Anti-Establishment zwar und ein wenig rebellisch, aber hey ... er grinst breit.

Ein paar Minuten später dann im Studio beginnt man zu ahnen, was Davey gemeint haben könnte. Alle Mitarbeiter Schmidts tragen schwarze Armbinden. Sogar Helmut Zerlett und seine Musiker. Und während der Reporter noch überlegt, wer denn da gestorben sein könnte, fällt ihm auf, dass die schwarzen Binden vom weißen Sky-Logo durchbrochen werden. Aber der Eindruck bleibt, hier würden alle mit Trauerflor herumlaufen. Seine erste Show im Pay-TV mit einem leichten ästhetischen Anflug von Beerdigungs-Chic zu inszenieren - auf diese Idee kann nur Harald Schmidt kommen.

Und in diesem Stil geht es weiter. Schon beim Warm-up, das Schmidt wie eh und je selbst übernimmt, grölt er: "Wir sind hier beim Pay-TV! Niemand muss so tun, als hätte er was gelesen!" Dazu lässt er das Studiopublikum zum Gassenhauer "Das ist die Berliner Luft" enthemmt mitklatschen.

Mancher bei Sky begreift womöglich erst jetzt, wen er sich da in den Sender geholt hat. Vor der ersten "Harald Schmidt Show" im Pay-TV erzählten die Sky-Leute gerne, dass sich Schmidt ausführlich des Themas Fußball annehmen werde. Für den Sender wäre das nicht unwichtig. Schließlich haben die meisten seiner Abonnenten ihn sich wegen der Fußball-Bundesliga und der Uefa Champions League ins Haus geholt. Da könnte Schmidt hervorragend als Bindeglied zum eigentlichen Hauptprogramm funktionieren. Mancher bei Sky sah den Entertainer bereits in seiner Dienstagsshow das Bundesligageschehen vom Wochenende humoristisch aufbereiten.

Doch der tut seinem neuen Auftraggeber diesen Gefallen nicht. Von Fußball keine Spur in seiner Premierenshow, sieht man mal von der Erwähnung der "Sky Premium Lounges" ab, in denen man, so Schmidt, ab sofort nicht nur die Champions League, sondern auch seine Show verfolgen könne. Und dazu zeigt er Bilder von Bierkneipen mit dem Sky-Logo. Eine ist abgewrackter als die andere.

Auch sein Sidekick Klaas Heufer-Umlauf, der ihm schon in der ARD zur Seite stand, darf sich über den neuen Sender des Meisters lustig machen. "Nordkorea ist ähnlich wie Sky", spottet er. "Hermetisch abgeschlossen. Keiner darf rein."

Höhepunkt vom Schmidts Premierenshow bei Sky, seine insgesamt 1700., ist aber ein Auftritt, den man so eher auf Arte oder 3sat als im Pay-TV erwartet hätte: Seine Gäste sind die Cellistin Sol Gabetta und die Pianistin Hélène Grimaud. Ausführlich unterhält er sich mit den beiden Musikerinnen, die nur den Bildungsbürgern unter seinen Zuschauern ein Begriff sein dürften. Anschließend geben die beiden auf furiose Weise das Scherzo von Dmitri Schostakowitsch zum Besten. Schmidt darf dabei die Noten der Pianistin umdrehen.

Nun ist es nicht so, dass die erste sehr kurzweilige Schmidt-Show im Pay-TV sich in Sky-Bashing und Bildungsbürgerkultur erschöpft hätte. Schmidt widmet sich auch dem verunglückten "Focus"-Interview von Markus Lanz, in dem der Moderator, was er allerdings bestreitet, gesagt haben soll, Thomas Gottschalk wolle "Wetten, dass ..?" schaden. Schmidt glaubt Lanz: "Wie soll Tommy denn ,Wetten, dass ..?' schaden, wenn er es nicht mehr moderiert?"

Und natürlich schadet auch Schmidt Sky nicht. Solange der Sender noch einen Programmdirektor mit Verständnis für rebellische Entertainer hat, die schon mal das Establishment piesacken, ist er dort gut aufgehoben.