Bar 227. Der Spielort sieht von außen so schön runtergekommen aus wie der legendäre New Yorker Punk-Laden CBGB's an der Bowery, der vor ein paar Jahren geschlossen wurde. Drinnen hält sich der Eindruck: Die Bar 227 an der Sternbrücke ist Hamburgs Idealbiotop für räudige Kunst. Nur heißt die hier "Fat Jazz" und nicht Punk. Immer wieder dienstags veranstaltet der Hamburger Musiker und Jazz-Ermöglicher Gabriel Coburger in der Bar 227 Jazz-Konzerte. Das Bier trinkt man dort aus der Flasche, überm Bühnengeschehen wacht, mit stets geschlossenen Augen, ein überlebensgroßer Jimi Hendrix.

Fat Jazz: das Attribut der Fettigkeit vor dem Gattungsbegriff Jazz lässt sich als Hinweis auf die satte Entschiedenheit deuten, mit der die Musiker hier ihre Augenblickskunst entwickeln. Für heute hat Coburger seinen Hamburger Tenorsaxofon-Kollegen Sebastian Gille eingeladen, mit seiner Group etwas gegen die Kalorienarmut handelsüblicher Musik zu unternehmen. Dabei ist Gille kein Lärmer, kein Auftrumpfer, sondern im Gegenteil die Mensch gewordene Redensart vom stillen Wasser, das tief ist. Sein Ton hat Wärme, Autorität, Geheimnis. Dass der Typ mit der Sanftmut-Aura, der außer Tenor- und Sopransaxofon auch Altklarinette spielt, auch anders kann, hat er immer wieder bewiesen. Dann entströmt seinem Saxofon eine Expressivität, unter der sich der kleine Mann bäumt und windet, als geschehe ihm diese Musik eher, als dass er sie selbst fabriziert.

Seine Group besteht aus dem von der NDR Bigband bestens bekannten Trompeter Claus Stötter (auch Flügel- und Tenorhorn), dem großartigen Sven Kerschek an Gitarre und Bass und aus dem New Yorker Jim Black, der die Kunst beherrscht, so Schlagzeug zu spielen, dass es zugleich nach Null-Diät und nach 1a-Sahnetorte klingt.

Sebastian Gille Group feat. Jim Black heute, 21.30, Bar 227 (S Holstenstraße), Max-Brauer-Allee 227, Tickets an der Abendkasse 7,-