Der Kölner “Tatort: Fette Hunde“ von Regisseur Andreas Kleinert ist ein Heimkehrerdrama, das von traumatisierten deutschen Soldaten erzählt.

Die Strecke von Kabul bis Köln ist weit. Luftlinie genau 5230 Kilometer lang. Milad Rahimi (Reza Brojerdi) und seine Schwester Amina (Maryam Zaree) sind über diverse Flughäfen bis nach Frankfurt gekommen, mit dem Zug geht es nach Köln. In ihren Gesichtern ist Angst zu sehen, der Schaffner wird auf Milad aufmerksam, seine Schwester zieht die Notbremse. Nur mit knapper Not können sie den Zug verlassen und fliehen. Milad und Amina sind Drogenkuriere. In ihren Därmen finden sich je 60 Päckchen mit reinem Heroin, bestimmt für den Markt in Holland.

Fast zeitgleich landet auf dem Flughafen Köln-Bonn eine Maschine, die einen Trupp Soldaten ausspuckt. Alle noch in Camouflage mit ihren Seesäcken auf den Schultern. Eine der wartenden Frauen ist Lissy (Anna Loos), die frühere Kollegin von Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär). Nach der Ankunft gibt es eine rauschende Willkommensparty bei Lissy und ihrem Mann Sebastian Brandt (Roeland Wiesnekker), doch der Heimkehrer ist noch nicht wieder zurück. Zu sehr stecken ihm die vergangenen sieben Monate in den Knochen, in denen fünf deutsche Soldaten in Afghanistan ihr Leben verloren haben.

"Fette Hunde" heißt der WDR-"Tatort", bei dem Andreas Kleinert Regie geführt und für den André Georgi das Drehbuch geschrieben hat. Immer wieder tauchen in Sebastian Brandts Vorstellung Hunde mit blutigen Schnauzen auf, Hunde die sich in Afghanistan über die Leichen erschossener Soldaten oder Zivilisten hergemacht haben.

Diese Hunde sind das Bild für das Trauma, das die deutschen Soldaten mit nach Hause bringen, eine Metapher für die Angst, die Gefahr und den Tod, der bei dieser Uno-Mission am Hindukusch lauert. "Es ist das Drama eines Mannes, der zwischen die Welten gerät und der den Sinn dessen, wofür er eigentlich kämpfen soll, nicht mehr begreift", fasst Georgi den Kern von "Fette Hunde" zusammen.

Der Kriminalfall bleibt hinter der Beschreibung dieser menschlichen Schicksale etwas zurück, was inzwischen zu vielen "Tatort"-Folgen gehört und eine Qualität der Serie ist. Doch Ballauf und Schenk müssen auch dieses Mal ermitteln. Allerdings mit sehr schwerem Kopf, denn die Party bei Sebastian Brandt lief in Hinblick auf den Alkoholkonsum etwas aus dem Ruder. Das Opfer ist jener Drogenkurier Milad. Er wird tot in einem unterirdischen Gängesystem aufgefunden. Er wäre an einem aufgeplatzten Heroinbeutel gestorben, doch die Kommissare finden heraus, dass er durch einen aufgesetzten Kopfschuss ermordet wurde.

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Auch die Identität seiner Schwester kommt ans Licht, eine fieberhafte Suche nach der jungen Frau beginnt. Irritiert sind Ballauf und Schenk darüber, dass ihr Bekannter Sebastian Brandt die hübsche Afghanin offensichtlich kennt. Und an komische Zufälle glauben die beiden Kriminalisten nicht.

"Fette Hunde" beleuchtet nicht nur das Heimkehrerdrama, sondern auch die Absurditäten, mit denen die Isaf-Truppe in Afghanistan umgehen muss, wie dem Schutz von Drogenbauern. Das Land zählt zu den ärmsten der Welt, 80 Prozent der Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft, die höchsten Profite versprechen eben nicht der Anbau von Getreide, sondern von Schlafmohn, aus dem Opium und Heroin gewonnen werden. Der Weltmarktanteil Afghanistans an diesen beiden Drogen beträgt 90 Prozent. Kuriere wie Milad und Amina transportieren den Stoff in die westlichen Länder, wo er weiterverarbeitet und konsumiert wird. Dieser "Tatort" zeigt die beiden als Opfer wie auch die Soldaten, deren Persönlichkeiten oft schwere Schäden genommen haben.

Roeland Wiesnekker als Sebastian zeigt dieses Drama höchst überzeugend als jemand, der sich nicht mehr zurechtfindet. Er liebt seine Familie, aber er schlägt gegenüber seiner Frau und erst recht gegenüber seinem Sohn den falschen Ton an. Zuflucht und Halt findet er bei den Kameraden wie Thomas Klages (Godehard Giese) und Matthias Jahn (Wanja Mues), die mit ihm in der Fremde Dienst tun. Verschoben haben sich bei einigen von ihnen auch die moralischen Grenzen. Matthias Jahn, der schon einen Arm verloren hat, fragt am Ende: "Wie sind wir nur so geworden?"

"Fette Hunde" So 20.15, ARD