Hamburg. Wenn heute gegen 8 Uhr Bertelsmann seine Halbjahreszahlen bekannt gibt, wird dies für Gruner + Jahr ("Stern", "Geo"), an dem der Gütersloher Medienkonzern einen Anteil von 74,9 Prozent hält, ein eher unerfreulicher Termin sein. Das Hamburger Zeitschriftenhaus hat in den ersten sechs Monaten 2012 seinen Umsatz zwar stabil halten können. Der Verlag hat jedoch einen dramatischen Gewinneinbruch zu verzeichnen: Der operative Gewinn vor Zinsen und Steuern (Operating Ebit) ging um gut 30 Prozent auf etwa 85 Millionen Euro zurück.

Grund dafür sind zum einen Einbrüche im Anzeigengeschäft im In- und Ausland. Zufriedenstellend lief der Anzeigenverkauf im G+J-Reich zuletzt nur noch in China, Indien und in den Niederlanden. Zum anderen belastet der Umbau der digitalen Aktivitäten von Gruner + Jahr (G+J) das Ergebnis.

Den Gewinneinbruch dürften die Mitglieder der Hamburger Verlegerfamilie Jahr als Bestätigung empfinden, die möglichst schnell ihren 25,1-Prozent-Anteil an Gruner + Jahr gegen Bertelsmann-Anteile tauschen wollen. Dass es zu einem solchen Tausch kommen wird, gilt als sicher. Die Frage ist nur, wie viel die Jahrs genau für ihren G+J-Anteil bekommen werden. Spekuliert wird über eine Bertelsmann-Beteiligung in Höhe von fünf Prozent.

In Gütersloh dürfte man sich angesichts der G+J-Halbjahreszahlen in dem Vorhaben bestärkt fühlen, bei Gruner + Jahr einen Neuanfang zu wagen. In der Konzernzentrale sieht man in G+J-Chef Bernd Buchholz den Hauptverantwortlichen für den Negativtrend. Ganz so einfach ist es aber auch nicht: Weil Gewinne an die Gesellschafter ausgeschüttet wurden, konnte Buchholz im Gegensatz zu anderen Verlagschefs nicht in neue Geschäftsfelder investieren, die das rückläufige Anzeigengeschäft hätten kompensieren können. Richtig ist aber, dass der G+J-Chef viel zu spät sein Digitalgeschäft umbaute. Dass Buchholz sich am Mittwoch aus dem Bertelsmann-Vorstand zurückzog, macht vor dem Hintergrund der Halbjahreszahlen Sinn. Hätte er diesen Schritt erst nach deren Bekanntgabe vollzogen, wäre dies einem Schuldeingeständnis gleichgekommen.