Jacques Palminger, ein Drittel der Hamburger Humoristentruppe Studio Braun, legt mit seinem Projekt The Kings Of Dubrock die zweite Platte vor.

Hamburg. Wie Viktor Marek da das Schulterblatt entlangschlendert, den dünnen Schnauzer im knopfäugigen Gesicht, wirkt er wie eine der Figuren, die die neue Platte seiner Band The Kings Of Dubrock bevölkern. Dandys, deren Glanz leicht beschädigt ist. Amigos, die in psychedelische Sonnenuntergänge reiten. "Kinder der Sonne im Topf der Kannibalen am Rande der Nacht", wie es in einem der Songs heißt.

Wer das Album "Fettuccini" hört, der wandelt unverzüglich durch ein musikalisches "Alice im Wunderland". Durch einen Referenzkosmos von Afrobeats bis Italopop. Durch ein schwül waberndes Hörspiel, das sich im Assoziationsgewitter der Texte von Jacques Palminger entlädt. Jener hat sein Lebenswerk als Regisseur, Schauspieler und Drehbuchschreiber beim Hamburger Trio Studio Braun nun bereits zum zweiten Mal unterbrochen, um mit dem Musiker Marek sowie mit Sängerin und Choreografin Rica Blunck ein Paralleluniversum zu schaffen, das knapp neben der Spur unserer realen Welt liegt.

Da Blunck im Urlaub ist, treffen sich Palminger (Dufflecoat, feines Halstuch) und Marek zu zweit in der Schanze, um über "Fettuccini" zu reden. Als Erstes muss Palminger jedoch den neuen, erdbraunen Herr-von-Eden-Anzug seines Kompagnons befühlen und den guten Stoff loben. Das zunächst anvisierte Szenecafé lassen sie links liegen, um doch lieber bei herbstlichem Sommerwetter im leeren Beach-Club einzukehren. Selbst wenn im Hintergrund die Bahn rattert und - noch störender - Loungemusik vor sich hin driftet.

"Wir sind sehr empfindlich, was Sinnlosigkeit in der Musik angeht, die sich auf Dauer auch zersetzend auf den Menschen auswirkt", sagt Palminger, der Gastronomiebeschallung halb zugewandt. "Auch wenn ich es gar nicht will, muss ich da hinhören und frage mich, wie das produziert ist", ergänzt Marek.

Vorgefertigte Klänge sind die Sache der Kings Of Dubrock nicht. Sie bedienen sich lieber verschiedenster Sprachen, Stimmen, (verfremdeter) Sounds und (aufgelöster) Strukturen, die melodiös irritieren. Bei ihnen verdichten sich Wut und Weltekel nicht in der Härte des Punk, der eh meist zum Selbstzitat verkommen ist. Stattdessen betten sie schwarzböse Verse in ein plüschig-pluckerndes Nest. Sätze wie aus dem Anti-Twitter-und-Tratsch-Song "Das Gesetz der Stille": "Worte sind wie Tauben, die scheißen dir auf den Balkon."

Inwiefern die Texte ernst gemeint sind? "Das hängt von der Tagesform bei Macher und Betrachter ab", sagt Palminger, grinst und nimmt einen Schluck Bier. Der Schaum verfängt sich in seinem Oberlippenbart. Im inneren Ohr erklingt kurz der Vers "Der Weg ins Glück ist lang und dünn wie ein Moustache", den Palminger in der Nummer "Viaggio Alla Fortuna" singt und näselt. Den Kings Of Dubrock reicht stumpfe Genervtheit nicht aus. Sie protegieren ebenso die Faszination für Abgründe, Ticks und vor allem, wie Palminger es nennt, "Premiumformulierungen". Eine solche ist auch der Titel der Platte.

"Viktor fing irgendwann an, alle Sachen, die besonders spitze sind, 'fettuccini' zu nennen", erzählt Palminger. "Das Wort 'fett' musste mal abgelöst werden", sagt Marek. Klingt gut.

The Kings Of Dubrock Sa 1.9., 21.00, Hafenklang (S Königstr.), Große Elbstr. 84; 15,- (Ak.), 12,- (Vvk.)

Das Album "Fettuccini" der Kings Of Dubrock ist bei Staatsakt erschienen