Die Ramones treffen auf die Ronettes und Siouxsie & The Banshees mit den Dum Dum Girls am 5. September im altehrwürdigen Indra.

Hamburg. Als sie vier Jahre alt war, wusste Kristin Gundred schon, was sie später einmal werden wollte: "Sängerin!" Das Mädchen aus Kalifornien hatte zwar eine tolle Stimme, aber mindestens so groß wie sein Talent war das Lampenfieber. Also versteckte es sich im Schulchor immer in den hinteren Reihen, bei Schulaufführungen begnügte es sich mit Nebenrollen. In vorderster Front hautnah einem Publikum gegenüber zu stehen? Undenkbar für das Girl aus San Pedro. Aber der Kindertraum rumorte weiter in ihr. Kristin fing an Gitarre zu spielen und erste Songs zu schreiben, doch wo aufführen? Eine Band musste her, damit die schüchterne Kristin nicht ganz allein im Rampenlicht stehen muss. Das war die Geburt der Dum Dum Girls, die am 6. September im Indra auf der Bühne stehen werden.

Mit der verheerenden Wirkung von Dum-Dum-Geschossen hatte die Namensfindung nichts zu tun, Pate dafür stand ein Song von Iggy Pop mit dem Titel "Dum Dum Boys" von seinem Debütalbum "The Idiot". Kristin fand drei gleichgesinnte Mädchen, die ebenfalls Lust auf trashigen Rock 'n' Roll hatten, und los ging das Abenteuer Rockmusikerin. Künstlernamen mussten auch her, also nannten sich die vier Dee Dee, Jules, Bambi und Frankie Rose. Kristin entschied sich für Dee Dee. So wurde ihre Mutter genannt, aber auch der legendäre Ramones-Bassist. Eine dunkle Sonnenbrille gehört seitdem zu den Accessoires, ohne die sie selten das Haus verlässt und die auch ein Markenzeichen der New Yorker Punkband war. Bambi und Frankie Rose haben die 2008 gegründeten Dum Dum Girls inzwischen wieder verlassen, für sie sind Malia und Sandy am Schlagzeug und am Bass nachgerückt.

Die vier jungen Frauen, allesamt in den Zwanzigern, haben gut aufgepasst in der Rockgeschichte. Sie kombinieren Surfmusik der 60er-Jahre mit dem frühen polterigen Punk der 70er, haben aber auch ein ausgesprochenes Händchen für Melodien, die sich als Ohrwurm in die Gehörgänge fräsen. Außerdem kommt Dee Dees helle kräftige Stimme bei diesen meistens schnellen und kurzen Songs gut zur Geltung. Als wichtige Einflüsse nennen die Amerikanerinnen Punkbands wie Siouxsie & The Banshees und die Ramones, aber auch die Girlgroup The Ronettes, den Düsterpop von The Cure und natürlich Patti Smith, eine der Ikonen populärer Kultur.

Zwei Alben, vier EPs und eine Handvoll Singles hat das Quartett bisher veröffentlicht. Nachdem die vier Musikerinnen ihre erste EP auf dem eigenen Label Zoo Music veröffentlicht hatten, wurde das Sub-Pop-Label aus Seattle auf die Dum Dum Girls aufmerksam. Sub Pop ist die Plattenfirma gewesen, die den Grunge in die Welt brachte und bei der Nirvana ihr erstes Album herausgebracht hat. "I Will Be" hieß die erste CD der Dum Dum Girls mit zehn Songs, die Dee Dee geschrieben hat, plus einer Coverversion des Sonny & Cher-Songs "Baby Don't Go". Das Plattencover zeigt einen frühen Schnappschuss von Dee Dees Mutter, die 2010 an Krebs gestorben ist. Ihr hat die Tochter das Erstlingswerk gewidmet. Im vergangenen Jahr kam dann das in Pink und Schwarz gehaltene "Only In Dreams" heraus, diesmal hat Dee Dee alle Songs geschrieben. Einige Covers hat die Band jedoch auch aufgenommen, unter anderem "There Is A Light That Never Goes Out" von den Smiths.

Durch die Plattenveröffentlichungen und etliche Livekonzerte wurden berühmte Kollegen auf die Dum Dum Girls aufmerksam und luden die Band ins Vorprogramm ihrer eigenen Tourneen ein. Unter anderem eröffnete Dee Dees Combo für Beach House und für Vampire Weekend. Dee Dee, die inzwischen in New York lebt, besitzt zudem eine Reihe Musikerfreunde. Mit Brandon Welchez von den Crocodiles ist sie verheiratet, Nick Zinner von den Yeah Yeah Yeahs spielt auf "I Will Be" mit. Gern hätte Dee Dee sicher einmal im CBGBs gespielt, jenem legendären New Yorker Klub, in dem die Karrieren der Ramones und von Patti Smith starteten, der aber inzwischen geschlossen ist. Vielleicht gefällt es ihr, dass sie in Hamburg im Indra auftreten darf, ebenfalls einem Klub mit Rock-Patina. Denn die Beatles waren ja auch keine Schlechten.

Dum Dum Girls Mi 5.9., 21.00, Indra (S Reeperbahn), Große Freiheit 64, Karten zu 16,10 im Vorverkauf; www.wearedumdumgirls.com