Uwe Friedrichsen zieht in “Opa warrt verköfft“ zur Eröffnung der zweiten Ohnsorg-Saison am neuen Spielort alle komödiantischen Register.

Hamburg. Opa und der Großbauer Fiesebarg lachen lauthals. Sie sind sich handelseinig - hier wurde gerade ein Mensch gekauft. Der alte Querkopf geht in den Besitz des triumphierenden Fiesebarg über. Der glaubt nämlich, den Schwiegersohn des Opas, den klammen Kulenkamp, über den Tisch gezogen und ums Erbe geprellt zu haben. Doch das tückische Glitzern in den Augen des verkauften Alten verrät: Fiesebarg ist dabei, sich schwer zu verrechnen. Opa behält einige Trümpfe in der Hand, wie auch sein Darsteller Uwe Friedrichsen noch ein paar weitere komödiantische Kniffe aus dem Ärmel zu ziehen weiß.

So genau inszeniert und überzeugend präsentiert, wird sogar die Geschichte von Franz Streichers fadenscheiniger Erbschleicherposse "Opa warrt verköfft" zu einem wahren Theatervergnügen. Der Schwank-Klassiker eröffnete, vom Publikum belacht und bejubelt, die zweite Ohnsorg-Saison im neuen Haus am Heidi-Kabel-Platz.

Der Erfolg geht auch aufs Konto des Regisseurs Wilfried Dziallas. Er peppt die von Dieter Jorschik ins Plattdeutsche übertragenen treffsicheren Dialoge mit originellen Ideen und Sprüchen auf. Zu Beginn das Spiel mit Opas vermeintlichem Hut, an dem Schwiegersohn und Enkel Schorsch ihre Wut auslassen - ein kleines clowneskes Kabinettstück. Auftritt Opa mit Schaufel über der Schulter. Die alte Nummer, ernsthaft durchgezogen, verfehlt ihre Wirkung nie und deutet nebenbei an: Scherben bringen Glück.

Liebevoll und genau inszeniert Dziallas die Szenen und die Charaktere vom Opa bis zum depperten Knecht August. Mit Habichtblick stürzen sich Frank Grupe und Edda Loges als gieriges und geiziges Ehepaar Fiesebarg auf den Opa. Eigentlich gönnen sie ihm keinen Bissen, schlucken aber ihren Ärger hinunter und bedienen ihn mit süßsaurer Freundlichkeit von vorne und von hinten. Opa treibt mit Genuss seine Spielchen, kommandiert die auf seine Häuser scharfen Halunken herum und lässt es sich doppelt gut schmecken. Friedrichsen zeigt die Wandlung vom launischen Ekel zum listigen Strippenzieher, der gnadenlos Gleiches mit Gleichem vergilt. Er verleiht dem unwürdigen Greis einen spitzbübischen Schalk und lässt hinter dessen rauer Schale sein gutes Herz spüren.

Enkel Schorsch (ein Herzensjunge zum Knuddeln: Nils Owe Krack) kann deshalb auch ganz auf Opas Hilfe bei der Eroberung seiner Eva (Anna Lena Graff) vertrauen. Die beiden spielen süß und saukomisch die Verwirrung der Liebe auf den ersten Blick, inklusive Stolpern übers Teetablett. Doch: "Geld gehört zum Geld."

Die Fiesebargs (Nomen est omen) toben und sind gegen eine Ehe ihrer Tochter mit dem sich als Knecht ausgebenden Jungen. Schließlich müssen die betrogenen Betrüger dem Paar ihren Segen geben. Beate Kiupels fesche und schlagfertige Magd, die nicht mal Opa eine Antwort schuldig bleibt, findet zwar keinen Liebsten, dafür aber ihren Bruder, den in jedem Blick und Wort herrlich täppischen dummen August von Manfred Eder.

Die nun vierte Aufführung des Schwank-Klassikers am Ohnsorg besticht durch Frische, Humor und Tempo. Félicie Lavaulx-Vrécourt staffierte die gute Stube der Fiesebargs auf der Sonnenseite des Lebens mit hellgelben Tapeten aus. Kulenkamps müssen sich hingegen mit einer ärmlichen Bleibe unter dem Fachwerk des Bauernhofs begnügen. So weiß der Zuschauer immer, wo der Kuhhandel läuft - ganz im Gegensatz zu Katrin. Sie hat wegen der Faxen von Opa gekündigt und trifft im neuen Job bei Fiesebargs den "alten Satansbraten" wieder. Ihr Pech!

Regisseur und Schauspieler nehmen die Figuren und kritischen Situationen, in die sie sich manövrieren, ernst, wodurch die Komik erst richtig zur Geltung kommt. Doch entgleitet sie niemals in oberflächlichen Klamauk. Der Wortwitz zündet, der Slapstick sitzt. Uwe Friedrichsen erhebt sich keine Sekunde über seine Figur, füllt sie mit prallem Leben, zeigt deren Spaß am Schabernack. Es ist ein Vergnügen, seiner präzisen Charakterisierungskunst und ungebrochenen Spiellust im Reigen seiner glänzenden Kollegen zuzusehen. Opa ist doch der Beste.