Hamburg. Das Bürschlein mit den brennenden Augen ist erbarmungswürdig. Die Zeichenmappe unterm Arm landet der Möchtergern-Künstler und -Architekt Adolf Hitler in Frau Merschmeyers Männerheim und Metzgerei an der Wiener Leichengasse. Dort umsorgt der Bibelverkäufer und Koscher-Koch Schlomo Herzl fürsorglich den "Nervenbinkel", erntet von ihm aber nur Undank und antisemitische Flüche. Die masochistische "Mutter-Sohn-Beziehung" macht Hitler letztlich zu dem, was aus ihm geworden ist: zu einem Diktator und "Judenvernichter".

Das ist der makabre Witz an George Taboris 1987 in Wien uraufgeführter, saukomischer und unglücksrabenschwarzer Farce "Mein Kampf". In Urs Odermatts Verfilmung jüdelt Götz George mit Inbrunst und zuweilen verschmitztem Blick den Schlomo. Offenbar war Fritz Kortners Shylock sein Vorbild, zumindest was die aufwendige Maske betrifft. Tom Schilling fiebert das renitente, größenwahnsinnige Muttersöhnchen in Odermatts schmutzig- grau verschleierter Milieuskizze des Elends in der bröckelnden Metropole der k. u. k. Monarchie.

Von Taboris brillanten Dialogen und Wortwitzen bleibt wenig übrig, dafür gibt es permanente Schnittwechsel in malerischer, zuweilen bluttriefender Tristesse. Eine prophetische Anspielung auf die drohende Massenschlächterei. Um Hitlers Biografie zu illustrieren, erfindet der Regisseur (Klischee-)Figuren und Szenen dazu. Tom Schilling agiert - statt komisch zu sein - lediglich neurotisch, charakterisiert ohne Ironie einen von Ehrgeiz gehetzten Aufsteiger. Doch als biografische Studie Hitlers taugt Taboris Stück nicht. Es ist eine für die Bühne geschriebene Groteske, ein Danse macabre auf doppeltem Boden, der so weder im Kino noch im Fernsehen funktionieren kann.

Warum also diese Verfilmung? Das Ergebnis ist ein großes Tabori-Missverständnis in prominenter Besetzung, die allerdings nichts retten kann.

"Mein Kampf" heute, 21.50 Uhr, Arte