Hamburg. Sie reden und reden doch aneinander vorbei. Sie hören und hören sich doch nicht wirklich zu. Nina Raine arrangiert in ihrem Familiendrama "Sippschaft" eine Versuchsanordnung, in der sie die fremden Welten der Gehörlosen und Hörenden miteinander konfrontiert. Die Eltern von Billy, zwei schriftstellernde Intellektuelle (Isabella Vertés-Schütter/Carsten Klemm), haben die Behinderung ihres Sohnes nie wirklich akzeptiert und ihn als "Hörenden" erzogen. Als er Sylvia (Katharina Pütter) trifft, die ihr Gehör verliert, jedoch die Gebärdensprache beherrscht, weil ihre Eltern taub sind, entdeckt Billy mit der Liebe auch ein neue, gefühlvollere Sprache. Er bricht aus, findet zu sich - aber auch wieder zurück zur Familie.

Raines etwas lehrstückhaft bleibende Geschichte erhält ihren Reiz durch die boshaft pointierten Dialoge und die besondere Kommunikationsproblematik. Die Entdeckung in der (für Gehörlose) übertitelten Inszenierung ist Eyk Kauly. In seiner natürlichen Expressivität und Präsenz verweist er die redegewandten Partner oftmals in die zweite Reihe. Denn sie vermögen in Peter Hailers künstlich wirkender Personenführung nicht recht als eine in Hass und Liebe verschworene Sippschaft zu überzeugen. Worte sagen oft weniger als das beredte Spiel der Gebärdensprache.

"Sippschaft" bis 5.10., Ernst-Deutsch-Theater, Karten unter T. 22 70 14 20