Lucius Reichling, Mitbegründer, Gitarrist, Fiddle-Spieler, zweiter Hauptsänger und Seele der Country-Band Truck Stop, starb mit 65 Jahren.

Hamburg. Freunde, Fans und Weggefährten sprechen den Namen amerikanisch aus: Luschus. Aber der Mann, der sich den Künstlernamen Lucius gab und dem Cowboy-Gefühl in Deutschland eine Stimme, er kam nicht aus den Weiten der amerikanischen Prärie. Geboren wurde er in Berlin, zwei Jahre nach dem Krieg. Und doch kam er aus dem wilden Westen, auf seine Art.

Wie Burkhard "Lucius" Reichling uns in einem berühmten Song beibrachte, fängt der ja gleich hinter Hamburg an, in einem Studio in Maschen, gleich bei der Autobahn. Am Dienstagabend ist die Stimme von Lucius Reichling, Mitbegründer, Sänger, Gitarrist und Fiddle-Spieler von Truck Stop, für immer verstummt. Reichling starb im Alter von 65 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung und einer spät erkannten Krebserkrankung, wie es auf der Website der Band heißt.

In Fransenjacke, Jeans und Cowboystiefeln, einen seiner Stetsons auf dem Kopf, sang und spielte Reichling mit seinen Bandkollegen Lieder, die im Sound und in der Haltung kaum vom Wiesengrün und Steppengelb des echten Country zu unterscheiden waren: Jede Menge Western-Gitarren, eine Pedal Steel Guitar für die Sehnsucht, ein zurückhaltender Bass, unauffälliges Schlagzeug. Nachdem die ersten vier auf Englisch gesungenen Platten nicht so richtig zünden wollten, wechselte Truck Stop zu deutschen Texten - und traf plötzlich den Nerv eines Publikums, das damals, Mitte der 70er-Jahre, ohnehin hellhörig geworden war für die Musik aus Hamburg.

Truck Stop erfand ihr Genre also nicht gerade neu, aber, hey, schließlich rollten über deutsche Autobahnen jede Menge Jungs, die sich im Führerhaus ihres 30-Tonners den Cowboys aus dem amerikanischen Westen nahe fühlten. Wem das Unterwegs das Zuhause ist, der fand sich wieder in unprätentiös gereimten und leger vorgetragenen Songs wie "Ich mag so gern Dave Dudley hör'n" oder "Take it easy, altes Haus".

Knut Bewersdorff, Pedal-Steel-Gitarrist bei Truck Stop, beschreibt Reichling als "sehr tolerant mit einem großen, offenen Herzen". Anderen gegenüber Sympathie, ja Zuneigung zu zeigen sei ihm manchmal schwergefallen. "Aber wenn man ihn kannte, reichte es schon, dass man es spürt." Während sich die übrigen Truck-Stop-Musiker alle im Speckgürtel niederließen, wohnte Reichling lieber in Hamburg. "Er war ein gestandener Countrymusiker und ein echter Freund", sagt Wolfgang "Teddy" Ibing, Trommler der Band. Schon am Sonntag steht Truck Stop wieder auf der Bühne, getreu ihrem Motto "The show must go on". Das sei ganz in Lucius' Sinne, sagen beide Musiker.