Immer mehr Food-Zeitschriften kommen auf den Markt. Sie sind weniger Rezeptanbieter als Wohlfühlmagazine mit ansprechender Optik.

Pfeffermühle mit Peugeot-Mahlwerk, Wagyu-Porterhouse-Steaks für Hunderte Euro, Lebensmittelgeschäfte, die wie ein begehbares Rezeptbuch aufgebaut sind - Essen ist längst nicht mehr profane Sättigung. Lebensmittel und Kochutensilien sind Kultobjekte, anerkanntes Freizeitvergnügen, Geldanlage mit Lebensgefühlprofit. Der Hobbykoch hat hierzulande den Hobbybastler überrundet. Kein Wunder, dass auf allen Kanälen Küchenschlachten toben, der Markt der Food-Zeitschriften stetig wächst. Immer mehr, immer neue Magazine füllen die Regalmeter, keine Nische, die zu abwegig wäre: Hefte für Veganer, kulinarische Reiseführer, Fleischmagazine und Jamie-Oliver-Fibeln zur Sommer-, Winter- und Italienküche.

Wer lediglich ein Rezept sucht, wird heute im Internet fündig - das funktioniert schneller und preiswerter als Blättern in der Heftsammlung. Aus diesem Grund haben sich die Magazine von den klassischen Kochanleitungen verabschiedet; die Rezeptstrecken erzählen Geschichten von Essen als Alltagsglück. Wie auch das Segment der Land-und-Gartenmagazine treffen die Food-Zeitschriften den Zeitgeist der genusshungrigen, rückzugsbedürftigen, natur- und familienaffinen Leser.

+++ Lifestyle-Magazin „Max" ist zurück – einmal jährlich +++

"Die Kochmagazine werden sinnlicher", sagt Jan Spielhagen, Chefredakteur der Fleischzeitschrift "Beef". "Beef" ist der Geländewagen unter den Foodmagazinen: wuchtig, anspruchsvoll, mit Vollgas in die Kalorien. Hier wird ein Steak zum Covermodel, "Lassen Sie die Sau rein" heißt eine Rezeptstrecke, "Dicke Dinger" die aktuelle Titelgeschichte, dazu sieht man einen Turm aus rohen Burgern.

Was im Gruner+Jahr-Verlag als viel belächeltes Experiment begann, verkauft mit der zehnten Ausgabe weit über 50 000 Exemplare - und das bei saftigen 9,70 Euro pro Heft. Der typische "Beef"-Leser, so Spielhagen, sei männlich, zwischen 30 und 45 Jahren, sehr gebildet, mit hohem Einkommen. Knapp zehn Euro muss der genussfreudige Leser auch für "Effilee" hinlegen, das der Hamburger Ex-Unternehmer Vijay Sapre seit 2008 herausgibt. Einen Grund für den Boom des Food-Segments sieht Sapre in der Sehnsucht der Menschen nach Familie, Geborgenheit, dem Gemeinsam-am-Tisch-Sitzen. Was in der Realität immer mehr verschwindet, kauft man sich in gedruckter Ersatzform. Kulinarische Lebenshilfe, wenn man so will. "Effilee" ist das wohl künstlerisch anspruchsvollste der Kochhefte, Sapre spricht lieber von einem "Autorenmagazin mit Schwerpunkt Essen". Knapp 10 000-mal verkauft sich die Mischung aus kulinarischen Essays, Schnelle-Teller-Gerichte und vor allem Reportagen vom unteren Ende der Nahrungskette (Bockbier in Kopenhagens Arbeiterviertel) bis zur Spitzenküche (Wolfsbarsch in der Salzkruste in Harald Wohlfahrts Schwarzwaldstube). "Der schwarze Trüffel unter den Foodmagazinen" will "Effilee" sein, so Sapre. Die meisten Leser seien junge Gastronome oder Paare Anfang 30, die ihr Leben "von außen nach innen verlagert haben, ohne dabei den Verstand abzugeben". Ist "Effilee" das Magazin für hungrige Kopfarbeiter, dann ist "Sweet Paul" die Bibel für Hedonisten. Der Kopf hinter dem Magazin, das seit wenigen Monaten neu am Kiosk liegt, ist der norwegische Foodblogger Paul Lowe, der im Netz über eine große Fangemeinde verfügt. Überwiegend weiblich sei die Zielgruppe, so Kathrin Hoberg vom Kieler Verlag Falkemedia, "die Leserinnen vereint der Wunsch nach Emotionalität und das Bedürfnis, der Seele gutzutun." Der Seele schmeicheln sollen Picknickbilder von Erdbeermarmelade und Lachspastete, maritime Dekoideen und ein kulinarischer Amsterdam-Trip. Der Leser könne "Sweet Paul" "wie ein schönes Accessoires auf den Tisch legen", so Hoberg.

Essen wird personalisiert, ästhetisiert, ikonisiert. Hochwertige Kochmagazine haben es in die Liga der Bildbände geschafft. Man arbeite mit "teilweise absurd aufwendigen Fotos", so "Effilee"-Chef Vijay Sapre. Optisch haben sich die gedruckten Appetitmacher hin zu stärkeren Farben und sinnlichen Fotos vom Biss in die getrüffelte Pizzaschnitte entwickelt.

Die Botschaft lautet: Essen macht Spaß und sieht verdammt gut aus. "Ich hasse Rosa-Pfeffer-Originalität", sagt Sapre, und meint: Krampfhaft um Originalität bemühte Teller, die alle gleich aussehen. Wer kochbuchverwöhnte, Kochduell-gestählte Leser binden will, muss vor allem eines haben: Stil.

Foodmagazine dienen vor allem der Inspiration. Sie vermitteln dem Leser einen Eindruck: So könnte dein Abendessen, deine Einbauküche, dein Leben aussehen. Auch Deutschlands seit 40 Jahren existierendes, mit 2,84 Millionen Lesern reichweitenstärkstes Kochmagazin "Essen und Trinken", der Dinosaurier im Foodsegment, hat sich mit dem Führungswechsel neu positioniert, ist sinnlicher geworden, offener für Menschen und ihre Art zu Essen. "Ich glaube, in Zukunft wird die kulinarische Begeisterung noch größer werden. Genuss ist ein Dauerbrenner, der seine besten Jahre noch vor sich", sagt Chefredakteur Stefan Schäfer.

Das klingt anders als die Worte von Henri Nannen, der "E&T" noch vor Erscheinen des ersten Heftes einen schnellen Tod voraussagte: "Bald essen wir sowieso nur noch Pillen." Nein, wir essen Rollbraten vom Eichelmastschwein und Himbeertartes mit Mascarponecreme. Oder gucken uns bloß die hübschen Bilder an.