Wacken ist kein reines Metal-Festival mehr, aber in guten Momenten immer noch eine Reise wert

Wacken. Eigentlich ist in Wacken alles wie immer: Die Bands sind laut, das Publikum ist feierwütig, die Sonne scheint. Perfekte Bedingungen, um eine gute Zeit zu haben. Und doch gibt es auch nervige Momente, die kleinen dunklen Wölkchen am strahlend blauen Horizont. Etwa wenn lebende Alkoholleichen über das Gelände stolpern und im Suff alles wegrammen, was gerade im Weg steht. Klar, dass manch Feierbiest von der Musik kaum etwas mitbekommt, und das ist eben auch Wacken: kein reines Metal-Festival mehr, sondern ein All-inclusive-Spaßcamp, wie gemacht für Junggesellenabschiede und RTL-2-Reportagen.

Wozu passt, dass Festivalgründer Thomas Jensen ein TV-Interview nach dem anderen gibt und sich die Kamerateams unablässig über das Gelände schieben. Wacken Open Air ist Mainstream - mit Wrestling-Shows, Wikingerdorf und musikalischem Sondermüll wie der Humpta-Truppe Volksmetal, die in bayerischen Lederhosen auftritt. Auch das Line-up sorgt für Diskussionen. Manche Bands kommen gefühlt jedes Jahr, anderen werden irrwitzig kurze Spielzeiten eingeräumt.

Doch dann gibt es hier in Wacken auch immer wieder Abende, an denen alles passt, an denen der auf der Dorfstraße prangende Spruch "Freu dich, du bist in Wacken" eben stimmt. Etwa beim Auftritt der dänischen Metal-Rock-'n'-Roller Volbeat, der selbst die drangvolle Enge vor der Bühne vergessen lässt. Er sei mit den Johnny-Cash- und Elvis-Platten seiner Eltern aufgewachsen, habe aber auch härtesten Metal gehört, erzählt Sänger Michael Poulsen - und genau so klingt seine Band: nach dem Besten aus zwei Welten. Volbeat rockt, wickelt anderthalb Stunden lang das Publikum um den ausgestreckten Mittelfinger. Da kann der Tag noch so mies begonnen haben, nach dieser Show herrscht pure Euphorie - und die Gewissheit, dass Wacken immer eine Reise wert ist. Auch wenn nach einem mächtigen Gewitterschauer am Freitag große Teile des Areals einer Schlammwüste gleichen.

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