Vom Leben durchgeschüttelte Heranwachsende, die so ihre Sorgen mit der Liebe und der Sinnfindung haben, genauso wie Anhänger lakonischer Rockpoesie.

Hamburg. Einträchtig stehen sie mit geschlossenen Augen wippend beim soundsovielten ausverkauften Hamburgkonzert des Songwriters beim Sommerfestival in der Kampnagel Music Hall.

Wem so wunderbare Zeilen einfallen wie "Ach fick dich ins Knie, Melancholie", der hat sich klar die Anwartschaft auf die legitime Nachfolge von Sven Regeners Element of Crime erspielt. Gisbert zu Knyphausen macht keinen Hehl aus seiner Verehrung für die Delmenhorster Band. Aus schnoddrigen Textzeilen wie "Ich und die Leidenschaft. Was für eine ungewohnte Kombination" und allerlei schrammeligem Gitarrengegniedel knüpft zu Knyphausen mit seiner vierköpfigen Begleitband einen ironisch-melancholischen Klangteppich. Da fühlt sich jeder gleich in seinem Innersten verstanden. Mit seinem Unbehagen an der Welt, den Frauen, dem Suff. In die Songs des schlicht "Gisbert zu Knyphausen" betitelten Debütalbums des 30-Jährigen reiht sich auch das spröde Element-of-Crime-Cover "Wer ich wirklich bin" wunderbar ein. Wenn der Sänger zwischendurch auch mal seine eigenen Texte vergisst, lächelt die Gemeinde bloß milde.

Der scheue junge Mann, der mit vollständigem Namen Gisbert Wilhelm Enno Freiherr zu Innhausen und Knyphausen heißt und auf einem Weingut im Rheingau aufwuchs, ist erst seit drei Jahren Hamburger. Aber schon felsenfest in der musikalischen Gemeinde integriert. Bei aller Melancholie kämpft sich zwischen den Liedzeilen stets ein zartes Pflänzchen der Hoffnung ans Licht. "Für gewöhnlich bin ich ein ganz träger Haufen", singt zu Knyphausen in "Wer kann sich schon entscheiden? (Cowboy)" und spricht so allen, die sich irgendwie schief ins Leben gebaut fühlen, aus der Seele. Mit geschlossenen Augen reiten sie mit ihm in den Sonnenaufgang. Hin zu neuen Abenteuern. "Ich habe eine gute Nachricht: Es regnet draußen!", verkündet der Sänger und blickt selbst dabei vollkommen leidenschaftslos mit großen Augen in die Welt.