Der amerikanische Choreograf und Ex-Hamburger Johnny Lloyd präsentiert im Sprechwerk sein Tanzprojekt “Import - Export“.

Sprechwerk. Bewegung ist das A und O für Johnny Lloyd. Sie ist das Lebenselement des künstlerischen wie kosmopolitischen Grenzgängers. Es drückt sich nicht nur in seinem Körper, in seinen Choreografien aus, auch in seiner Lebensart. Den Amerikaner hält es nirgendwo sehr lange. Nach sieben Jahren in Hamburg ging Lloyd 2011 als Dozent an die Tanzuniversität nach Tilburg, hat aber den Draht zur lokalen Szene (noch) nicht ganz gekappt. Das täuscht jedoch nicht über den herben Verlust für sie hinweg: Denn wieder ist ein profilierter, auch international anerkannter und gefragter Künstler abgewandert.

Doch an diesem Wochenende kehrt Johnny Lloyd zurück. Er gastiert an zwei Abenden im Sprechwerk mit seinem Projekt "Import - Export" und präsentiert drei Choreografien von und mit Tänzern aus Hamburg und Holland. "Einige der jungen Kollegen pendelten zwischen Hamburg und den Niederlanden, und ich möchte mit ihnen einen Eindruck geben vom künstlerischen Austausch zwischen der deutschen und niederländischen Szene", sagt Lloyd. "Außerdem will ich ihnen damit auch eine Chance bieten, wieder einen Fuß in die Szene hier zu bekommen."

Anastasia Schwarzkopf, bereits beim DanceKiosk 2011 mit "Ex-posé" aufgefallen, zeigt "PornPopPolitica", ihr Abschlussstück an der Tilburger Universität. Filine Volkmann ist in Holland vom Hip-Hop zum Contemporary Dance gewechselt und bringt eine neue Arbeit mit. Auch Lloyd steuert ein Stück zum Abend bei: In "Mannenzaken" verbindet er urbane Stile des Streetdance mit Formen des zeitgenössischen Tanzes, untersucht die Codierungen im männlichen Verhalten und wie sie Instinkte und Rangordnung zwischen Männern bestimmen. "Mannenzaken" spielt mit Energie und Dominanzverhalten, Unsicherheit, Gruppenzwängen und Sexualität.

Nicht nur in puncto Rollenverhalten oder soziale Zwänge möchte Lloyd Grenzen und Begrenzungen durchbrechen. Der kleine quicke Mittdreißiger mit dem elastischen, zugleich drahtigen und weichen, scheinbar knochenlosen Körper setzt sich auch spielend und spielerisch über mentale und körperliche Grenzen hinweg. Im Überspringen und Mischen der musikalischen und stilistischen Genres - vom Body-Popping über Contact-Juggling bis zu zeitgenössischem Tanz - entwickelt Lloyd in seinen Choreografien eine persönliche, inzwischen unverwechselbar gewordene Arbeits- und Ausdrucksweise. Seine charismatischen Soli ("Animation", 2007) oder die Kooperationen mit anderen Künstlern, wie dem Experimentalmusiker Sven Kacirek, dem Stepptänzer Thomas Marek, dem MC Samy Deluxe ("Funk Ex Machina", 2011) den Choreografinnen Angela Guerreiro ("Tracing Dance", 2010) und Antje Pfundtner ("inDeckung", 2007) oder Tänzern der HipHop Academy ("Egocentrix", 2010) beweisen Lloyds schillernd quecksilbriges, schwer zu fassendes, sich aller Schubladeneinordnung schelmisch widersetzendes Naturell und Talent.

Ebenso frei wie zwischen verschiedenen Kunstformen bewegt sich Lloyd auch zwischen Ländern und Kontinenten. Der als Missionarssohn in Bolivien geborene Amerikaner wuchs in Fresno in Kalifornien auf und zog als 16-Jähriger nach Los Angeles. Er spielt Gitarre und Trompete, belegte an der Universität Lyrik-Kurse, infizierte sich aber mit Hip-Hop und Swing und entschied sich schließlich für das Tanzen - auch weil er es liebt, zu schwitzen und seine Energien im Tanz freizusetzen.

Lloyd bezeichnet sich als einen Weltenbummler, der in Bewegung bleiben will. Als Lindy-Hop-Fachmann exportiert er sein Können und gibt Workshops in Afrika, Griechenland, Russland - und lehrt nun in den Niederlanden. Ob es ihn da trotz einiger Pläne hält? "Ich komme immer wieder gern nach Hamburg zurück, vor allem, wenn ich unterrichten oder wieder an einem Projekt arbeiten könnte."

"Import - Export" Sa 28.7., 20.00/So 29.7., 18.00, Sprechwerk (S/U Berliner Tor), Klaus-Groth-Str. 23, Karten zu 12,- u. 15,- unter T. 24 42 39 30