Die Kamera steht auf einer schnurgeraden Straße ohne Verkehr, links vom Mittelstreifen. Eine Warnung wird eingeblendet. "Dies ist eine schockierende Geschichte. Niemals könnte sie sich in den meisten amerikanischen Städten ereignen. Aber in dieser hat sie es getan. Es ist eine öffentliche Herausforderung, so etwas nicht wieder geschehen zu lassen." Die Schrift verlöscht. Eine Stimme aus dem Off sagt: "Das Unheil nahm seinen Lauf. Ich wurde einfach mit fortgerissen." Kurz darauf brettern rund 30 Motorradfahrer direkt auf die Kamera zu und haarscharf an ihr vorbei.

Was für ein Anfang! So beginnt Laslo Benedeks Film "The Wild One", der in Deutschland unter dem Titel "Der Wilde" lief. Arte zeigt das Drama aus dem Jahr 1953 im Rahmen der Reihe "Summer of Rebels", für die es eines der Grundbausteine ist. Denn in den 50er-Jahren begannen die jungen Leute, im Kino rebellisch zu werden. Danach sollte es nie wieder aufhören. Zusammen mit James Dean war Marlon Brando einer der großen Leinwandrebellen.

Hier spielt Brando Johnny, den Anführer einer Motorradgang, der eine kalifornische Kleinstadt heimsucht und mit deren spießigen Bewohnern aneinandergerät. Eine aus heutiger Sicht vergleichsweise harmlose Geschichte, die aber in Großbritannien wegen ihrer angeblichen Brisanz 14 Jahre lang verboten war. Brando nuschelt sich maulfaul durch die Dialoge, überzeugt aber mit seiner körperlichen Präsenz und wurde in Lederjacke, Jeans und mit Motorradstiefeln zur Ikone des Bikerrebellen - 16 Jahre vor "Easy Rider". Elvis Presley war schwer von ihm begeistert. Lederjackenverkäufe zogen danach an.

Wer durch "The Wild One" so richtig auf den Brando-Geschmack gekommen sein sollte, kann sich vertrauensvoll ans Metropolis-Kino wenden. Dort läuft am 8. und 9. August Elia Kazans Meisterwerk "Die Faust im Nacken", in dem Brando einen Hilfsarbeiter spielt, der sich mit der mächtigen Hafenarbeitergewerkschaft anlegt.

"The Wild One" So, 20.15 Uhr, Arte