Der Ahrensburger Künstler von Weltruhm wird 2016 den “Parsifal“ verantworten. Hakenkreuze könnten ein Thema bleiben auf dem Grünen Hügel

Bayreuth. Der Ahrensburger Künstler Jonathan Meese inszeniert 2016 den neuen Bayreuther "Parsifal". Das ist die spektakulärste von vielen Spielplan-Neuigkeiten, die die beiden Intendantinnen Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner bei der alljährlichen Pressekonferenz am Tag der Bayreuther Festspielpremiere zu verkünden hatten. Andris Nelsons wird am Pult stehen. Es singen Klaus Florian Vogt (Parsifal), Petra Lang (Kundry) und Georg Zeppenfeld (Gurnemanz).

Der Maler und Bildhauer Meese ist kein Opern- und Theatertor, er hat bereits für Frank Castorf und die Rihm-Oper "Dionysos" die Bilder entworfen und 2005 im Magazin der Berliner Staatsoper parallel zu Bernd Eichingers missratener "Parsifal"-Inszenierung in Echtzeit eine Performance "Jonathan Meese ist Mutter Parzival" auf die Beine gestellt. Damals sagte er noch: "Ich verstehe die Musik nicht! Ich bin völlig hilflos! Ich verstehe auch nichts von der Bühne!" Inzwischen hat ihn auch Stefan Herheims Bayreuther "Parsifal"-Inszenierung in kreative Ekstase versetzt.

Wie um die anhaltende Kritik an ihrer Führung zu kontern, haben die Bayreuth-Chefinnen die Premieren bis 2020 weitergeplant - sie haben dafür das Einverständnis des Stiftungsrats, obwohl ihre Verträge vorläufig im Jahr 2015 enden. "Erst danach werden die von uns von Anfang an initiierten Wunschteams Wirklichkeit", sagt Katharina Wagner.

2017 wird es neue "Meistersinger" geben, 2018 "Lohengrin", den dort erstmals Christian Thielemann dirigieren wird, Neo Rauch soll das Bühnenbild gestalten. 2019 gibt es einen neuen "Tannhäuser", 2020 ist wieder ein "Ring" zu schmieden. Der neue Verwaltungschef, den die Chefinnen zur Bedingung ihrer Vertragsverlängerung gemacht haben, wird Patrick Wasserbauer von den Bühnen Köln.

Und für den wegen seiner umstrittenen Tätowierungen spektakulär abgetretenen "Holländer" Evgeny Nikitin ist die Tür des Festspielhauses offenbar noch nicht zugeschlagen. Freilich wartet die Festspielleitung noch auf eine befriedigende Erklärung vonseiten des Sängers. Der hat in einem Interview mit der Deutschen Welle sein angebliches Hakenkreuz auf der Brust bestritten: "Das sollte ein achteckiger Stern werden, mit einem Wappen in der Mitte."

Es könnte sein, dass man sich in Bayreuth mittelfristig wieder auf Hakenkreuze einstellen muss, Jonathan Meese, der Bürgerschreck unter den bildenden Künstlern, provoziert allzu gern mit entsprechenden Symbolen und Gesten, man kennt ihn durchaus mit zum Hitlergruß erhobenem Arm: Requisiten aus dem Provokationsfundus.

Wie Meese sich in der Vergangenheit über Kunst und Ideologie geäußert hat, ist spannend im Hinblick auf eine Bayreuther Regiearbeit des Enfant terrible, dessen Gedanken sich zum Beispiel so lesen: "Ideologie ist immer scheiße in der Kunst, in rechts und links zu denken ist scheiße! Religiös zu sein ist scheiße! Parteien zu wählen ist scheiße! Selbstverwirklichungsfanatismus ist scheiße! Konsens ist scheiße! Demokratie ist scheiße! Es gibt so viel. Aber das, was übrig bleibt, ist das Geilste! Kunst und das ideologiefreie Spiel. Das ist ein Riesenfeld. Alles andere gehört in den Hobbykeller, ich will mit so was nicht mehr belästigt werden! Jede Religion ist uninteressant. Jede Spiritualität ist doof."

Man darf schon jetzt auf die Auseinandersetzungen gespannt sein, wenn sich Meese 2016 am Grünen Hügel einfinden wird. Über seinen Musikgeschmack hatte er übrigens Anfang des Jahres im Abendblatt gesagt: "Oft Marschmusik. Liebe ich. Speziell, wenn meine Mutter dabei ist, die mag das auch. Sonst ABBA, Beatles, Punk, ist mir egal." Zu ergänzen wäre: und Wagner, offensichtlich.