“Der komische Kintopp“ zeigt 16 Komödien aus den Pioniertagen des Kinos erstmals auf DVD

Im Sketch "Der neue Schreibtisch" bekommt Karl Valentin als Büroschreiber das Möbelstück aus dem Titel angeliefert. Allerdings ist es zu hoch. Also macht er sich mit einer Säge an dessen Beinen zu schaffen. Aber er verpasst die ideale Höhe und muss anschließend auch die Beine des dazu gehörigen Stuhls verkürzen. Auch das geht schief. Beinahe sägt er sich den Daumen ab. Ein Malheur jagt das andere, bis Valentin auf dem Boden sitzt. Da er Platz für seine langen Beine braucht, bohrt er Löcher in den Boden ... Vieles geht noch schief, bis der Komiker endlich zur Erkenntnis kommt: "Ach Gott, wie tief bin ich gesunken." Jan Christopher Horaz hat zu dem Film einen Text geschrieben, den man zusammen mit anderen Materialien ebenfalls auf der DVD findet. "Für das Kinopublikum bietet dieses Schauspiel von Qual und Pein die Gelegenheit zu sadistischem Vergnügen", heißt es da.

Valentin ist mit zwei kurzen Filmen der Star auf der DVD "Der komische Kintopp". 16 deutsche Komödien aus den Pioniertagen des Kinos vor 1920 hat der Hamburger Filmhistoriker Hans-Michael Bock darauf versammelt. Dazu hat er eine Einführung in das Kino zur Zeit von Kaiser Wilhelm II. geschrieben, den er wegen seiner operettenhaften Uniformen als "ersten deutschen Filmstar" bezeichnet. Die Filme stammen aus den Jahren 1908 bis 1919. Darunter sind "Willys Streiche (Klebolin klebt alles)" mit Curt Bois und sogar ein Werbespot für "Eri Lederpaste", der einen schon damals wohl kaum ernst gemeinten Zusammenhang zwischen dem großen Glück und der Wahl der richtigen Schuhcreme herstellt. 1919 nannte man so etwas allerdings noch einen "Reklamefilm". Die Technik des Filmemachens, das machen die Beispiele deutlich, hat sich im Laufe der letzten 100 Jahre gewaltig geändert, die Mechanismen der Komik eher nicht.

Gefunden hat Bock die Filme im Bundesarchiv und in Amsterdam. Die Filme sind echte Raritäten, die nun zum ersten Mal auf DVD zu sehen sind. Die Archivare wussten zum Teil gar nicht, was da in ihren Regalen schlummerte, weil bei einigen Filmen die Vorspänne fehlten. Die meisten der Filme waren noch aus dem leicht entflammbaren und nicht frei zugänglichen Nitromaterial. Bock durfte aus versicherungstechnischen Gründen beim Betrachten lediglich einer Archivarin "über die Schulter gucken". Beim Abspielen zur Sicherung auf einem anderen Medium wurden einige der Originale für immer zerstört. "Es war eine Mischung aus Detektivarbeit und Rettungsaktion", erinnert sich Bock.

Ulrich Tukur spricht die launigen Texte zu den Stummfilmen auf dieser DVD, die der Filmhistoriker sozusagen zu seinem 65. Geburtstag geschenkt bekam. Hans-Michael Bock ist Leiter von CineGraph, dem Hamburgischen Centrum für Kinoforschung, das im November das jährliche Cinefest in Hamburg veranstaltet. In diesem Jahr: ost-, westdeutsche und tschechische Filme aus den frühen 60ern.

"Der komische Kintopp" 147 Min., o. A., als DVD erhältlich