Die “Lüttville“-Kinderfreizeit des Dockville-Festivals in Wilhelmsburg lässt Raum für Kreativität und Spontaneität.

Hamburg. "Kapitulation! Ohoho", tönt es aus dem Laptop. Zehn Mädchen halten ihre Hände zu dem Song der Hamburger Band Tocotronic an ihre Köpfe. Und gehen dann rhythmisch in die Knie. "Bumm. Tak, tak, tak. Und zieh!" Tobias Galke, ein durchtrainierter Typ in weiten Hosen und noch weiterem Shirt, kommandiert lautmalerisch. Noch sind die Bewegungen der Tänzerinnen nicht so geschmeidig wie die ihres Choreografen. Aber mit großer Konzentration folgen sie dem 29-Jährigen, der den Rest des Jahres Trainer an der HipHop Academy ist.

Das Hamburger Vorzeigeprojekt ist eine von zahlreichen Initiativen, mit denen das Lüttville, die Kinderferienfreizeit des Dockville-Festivals, kooperiert. Diese Woche versammeln sich auf dem Gelände am Wilhelmsburger Reiherstieg jeden Tag 160 Kinder im Alter von fünf bis 15 Jahren, um kreativ zu sein und um den Künstlern über die Schulter zu schauen, die das heute startende Kunstcamp aufbauen. Und die Workshops Tanz und Chor haben ihren großen Auftritt nicht nur beim Abschlussfest diesen Sonnabend, sondern auch beim dreitägigen Musikprogramm des Dockville. Mit Tocotronic werden sie am 12. August vor 20 000 Menschen auf der Bühne stehen und die "Kapitulation", den resignativen Hit der Band, mit ihrer Performance begleiten.

"Das ist natürlich nicht gerade ein Kinderlied. Aber die Kids erfahren den Inhalt über die Choreografie", erklärt Max von Redecker, Leiter des Lüttville. Seit der Gründung der Ferienfreizeit vor fünf Jahren begleitet der Lehrer das pädagogische Konzept. Ermöglicht wird das für die jungen Teilnehmer kostenlose Programm von diversen Institutionen der Hansestadt, so etwa von der Internationalen Bauausstellung, der Hamburgischen Kulturstiftung und der Stiftung Maritim. "Die Ursprungsidee war, das Potenzial an Künstlern und Musikern, die auf dem Gelände arbeiten, für den Stadtteil nutzbar zu machen und den Kindern neue Perspektiven aufzuzeigen", sagt Redecker. Mittlerweile ist das Lüttville, das mit 65 Teilnehmern startete, zu einem Großprojekt mit 13 Workshops von Film über Zirkuskunst bis zur Zeitung gewachsen. Auf der Wiese sowie in einem alten Shell-Gebäude hämmert und schnauft, kleckert, klebt und kichert es.

"Jedes Kind geht hier am Ende des Tages stolz raus, weil es etwas selbst geschaffen hat", sagt Redecker. Für den 31-Jährigen ist dieses Erlebnis ein wichtiger Kontrast zu den Leistungsprinzipien im Schulalltag. Er betont, dass vor allem Raum für Spontaneität bleiben muss. Etwa bei der kollektiven Dusche unterm Rasensprenger. Ein Strahl im Gegenlicht, der Hafen im Hintergrund. Fast ein kleines Kunstwerk, definitiv die ganz große Sommerferienfreiheit.

Lüttville-Fest Sa 28.7., 15.00, Eintritt frei