Das Schaltwerk Kunst zeigt in der Schau “Behind The Image“ Porträts des Hamburger Fotografen Steven Haberland

Hamburg. Wenn dieser besondere Moment da ist, sagt Steven Haberland, sieht er das in den Augen. Dann weiß der Fotograf, dass der Mensch vor seiner Kamera die Fassade ablegt und das Innere nach außen durchschimmert. "Ehrlich, offen, privat" nennt der Wahlhamburger diese Augenblicke, in denen er dann Bilder macht, die mehr zeigen als bloß Haut und Haar.

In den Räumen des Schaltwerks Kunst/Galerie Nanna Preußners haben all diese Charakterstudien nun kurzzeitig einen Raum, in dem sie in Ruhe miteinander kommunizieren können. Am Sonnabend feiert die Ausstellung "Steven Haberland - Behind The Image" Vernissage. In der Villa in der Nähe des Klostersterns versammeln sich dann an den Wänden so namhafte Persönlichkeiten wie Jazzlegende Quincy Jones, Moderator Dieter Thomas Heck, Möbelunternehmer Bobby Dekeyser oder Forscherin Jane Goodall. Im besten Fall zeigen deren Porträts nicht nur ein Stückchen Seele, sondern widersprechen auch der ein oder anderen Erwartung. Wie etwa bei Helge Schneider.

"Jeder erwartet doch, dass der was besonders Lustiges macht", sagt Haberland über den Künstler, an dem der Spitzname "singende Herrentorte" haftet wie Zuckerguss. "Aber ich versuche nicht, die Leute zu dirigieren", erklärt der Fotograf an einem Tisch in der Ecke der Galerie. Er trägt knalllila Pulli zu Jeans und Lederboots. Ein durchaus mutiges Outfit, das noch übertrumpft wird von einer sehr markanten Brille.

Während Haberland rein äußerlich also schon ziemlich gut ins Fotografenklischee passt, gibt er den Prominenten, die er ablichtet, die Gelegenheit, optische Stereotype zu verlassen. Und so schaut Helge Schneider den Betrachter ganz ernst, ein wenig erschöpft und zugleich mit viel Wärme und auch Entschlossenheit an. Mit einem Wort: komplex. Aber nicht: witzig. Sein Konterfei hat auf diesem Porträt eher etwas Bergsteigerhaftes, wie der lange Pony da auf das leicht verwitterte Gesicht fällt. Und tatsächlich ist das Bild kurz vor dem Erklimmen eines Gipfels entstanden, vor Schneiders Auftritt beim diesjährigen Elbjazz-Festival.

Häufig sind es Situationen wie diese, wo vielleicht zehn, 20 Minuten bleiben für eine Aufnahme. Aber Haberland versucht dennoch, seine Motive kurz herauszulösen aus dem Fluss, dem Geschehen. Dem gegenüber stehen zeitlich luxuriöse Sessions, etwa mit John Neumeier. Mehrere Stunden arbeiteten die beiden in der Wohnung des Ballettchefs an einem Cover für dessen Biografie. Und damit sich die Abgelichteten wohlfühlen, hat der Fotograf einen Trick: "Ich lächele hinter der Kamera."

Seit 1981 lebt Haberland, der 1967 in Berlin geboren wurde, in der Hansestadt. Dass sein Vorname sehr englisch klingt und er den Buchstaben "n" von Steven auf seiner Webseite in Klammern schreibt, liegt einer Vorliebe seiner Eltern zugrunde. "Sie waren riesige Steve-McQueen-Fans, aber der deutsche Standesbeamte hatte den Namen nicht auf seiner Liste", erzählt Haberland. Also Steven, Rufname Steve. "Ich war echt geschockt, als ich als Kind meinen ersten Pass bekam und da auf einmal dieses ,n' stand", erinnert er sich.

Wie Haberland da so plaudert, lässt es sich gut vorstellen, wie er seiner Fotoklientel im Gespräch die Hemmungen nimmt. Spezialisiert hat sich Haberland, der selbst Klavier spielt und eine "riesige Plattensammlung" besitzt, vor allem auf Musik. "Das ist für mich das absolute Sahnehäubchen, wenn ich Leute fotografiere, deren Lieder mich seit Jahren begleiten", sagt er strahlend.

Aber auch für Neuentdeckungen ist der Mann hinter der Kamera offen. So machte er mit der Beatboxerin Butterscotch beim Montreux-Jazzfestival eine Reihe mit dem Polaroid-Nachfolger Impossible. Urban und lässig wirkt die junge Frau mit der asymmetrischen Frisur auf diesen Kleinformaten, mit denen Haberland gerade bevorzugt experimentiert: "In einer Schachtel befinden sich acht Bilder, das ermöglicht mir acht Perspektiven auf einen Künstler."

Ohnehin nutze er in der jüngeren Vergangenheit zunehmend analoge Technik, erzählt Haberland. Die Reduktion sei im Vergleich zum Digitalen eine Herausforderung. Bei einer Mittelformatkamera müsse er nach 15 Bildern den Film wechseln. Das gebe den Menschen, die in seinem Fokus stehen, Zeit zum Durchatmen. Zeit, sich zu öffnen.

Steven Haberland - Behind The Image Sa 21.7., 17.00 (Vernissage), dann bis 11.8., Mi-Fr 14.00-19.00, Sa 11.00-16.00 und n. Vereinbar., Schaltwerk Kunst/Galerie Nanna Preußners (U Klosterstern), Abteistr. 16; www.schaltwerk-kunst.com