Herbert Mühlroths “Narr in Trance“ erzählt von Borderlinern und Verliebten

Es ist keine leichte Kost, die der gebürtige Rumäniendeutsche Herbert Mühlroth mit seinem Debütroman in knappen, klaren Sätzen serviert: Als der Erzähler - er nennt sich schlicht "G." - eines Tages einen Briefumschlag mit drei Kunstpostkarten des Malers Paul Klee erhält, muss er zu seinem Entsetzen feststellen, dass ihn seine Vergangenheit wieder einmal eingeholt hat. "Ich möchte, dass diese Liebe ein Ende findet, dass es nicht mehr möglich sein wird, es in zehn Jahren erneut miteinander zu versuchen. Ich mag ungerecht dieser Liebe gegenüber sein, aber das 'Unglück', das sie mit sich gebracht hat, reicht für ein Leben aus."

Doch die erbarmungslose "T." hat sich wieder in sein Leben gedrängt, und er ist zum wiederholten Mal gezwungen, sich mit der lebensbedrohlichen Amour fou auseinanderzusetzen: "Ja,T. ist meine Obsession. Ich bin durch unsichtbare Drähte mit ihr verbunden. Gleichgültig, was mir in meinem Leben widerfährt, sie wird immer da sein und ich werde ihr antworten müssen."G. weiß: Für seine durchgeknallte Ex ist es vollkommen gleichgültig, wie lang die Zeitabstände sind, nach denen sie sporadisch immer wieder versucht, ihn, den Verflossenen, zurückzugewinnen. Und G. weiß auch: Sie würde ihn nach einer kurzen Phase des exzessiven Glücks sofort wieder hinunterziehen in ihre unheilbare Depression, die einer Todessehnsucht gleichkommt.

Spätestens nach der Hälfte dieses auf insgesamt 160 Seiten angelegten "Mikroromans" - ein extrem verdichteter Extrakt aus gut zwei Dutzend Jahren Leben - beginnt man die zerstörerische Kraft zu begreifen, die persönlichkeitsgestörte Menschen wie T. auf empathische Charaktere ausüben können. Kühl und sicherlich absichtlich distanziert schildert Herbert Mühlroth diesen klassischen Kampf zwischen einem verliebten, jungen, klugen Mann mit bewegter Lebensgeschichte und einer jungen Frau, die das fatale Potpourri aus Narzissmus und Borderlinesyndrom, das sie in sich trägt, nicht lange verbergen kann. Und doch: "Der Narr, nichtsdestotrotz, ist in vertrauensvoller Erwartung, und er weiß nicht, was auf ihn zukommen wird. Dennoch geht er mit offenen Armen auf sein Ziel hin. Er liefert sich aus."

Es ist schwer, die perfiden Tricks und Manipulationen zu durchschauen, mit denen eine Seelenterroristin wie T. ihren Narren ganz für sich gewinnen will - für den gemeinsamen Untergang. Und noch schwieriger ist es für ihrOpfer G., die notwendige Konsequenz - die absolute, kompromisslose Trennung nämlich - aus der schrecklichen Erkenntnis zu ziehen: dass er, derLiebende, das Benzin ist, das ihrenMotor antreibt.

Dem 48 Jahre alten Herbert Mühlroth, der sich im Norden bisher als Lyriker und deutsch-rumänischer Übersetzer einen Namen gemacht hat, ist mit "Narr in Trance" ein Buch gelungen, das ein virulentes Gesellschaftsproblem aufgreift, das auf kleinstem Raum ein großes Thema aufs Wesentliche reduziert und anschaulich erzählt. Bedrohlich genug ist der "Narr in Trance" in jedem Fall: Schließlich leidet inzwischen etwa jeder Zehnte in Deutschland an einer Persönlichkeitsstörung.

Herbert Mühlroth: "Narr in Trance"

Edition Noack. 163 S., 12,80 Euro