Während NDR 90,3 in der Radio-Medien-Analyse auf ein Acht-Jahres-Tief fällt und 2,3 Prozent hinter Platz eins liegt, legt Alsterradio deutlich zu.

Hamburg. Seit 2009 ist die Marktführerschaft im Hamburger Radiomarkt so etwas wie ein Wanderpokal, der stets an dieselben zwei Mannschaften geht: mal an Radio Hamburg, mal an NDR 90,3. Und so ist es auf den ersten Blick auch nichts Besonderes, dass in der sogenannten zweiten Welle der Radio-Medien-Analyse (MA II/12) Radio Hamburg vor NDR 90,3 liegt.

Beachtlich ist aber der Abstand des Privatsenders: Radio Hamburg kommt montags bis sonntags auf einen Marktanteil von 21,8 Prozent und führt damit um stolze 2,3 Prozentpunkte vor NDR 90,3, dessen Marktanteil bei 19,5 Prozent liegt. Auch wenn wegen einer Methodenänderung ein Vergleich mit Zahlen vor 2010 schwierig ist: Größer war der Abstand zwischen beiden Radiowellen zuletzt 2008, als Radio Hamburg 2,5 Prozentpunkte vor NDR 90,3 lag. Von 1993 bis 2008 war der Privatsender Platzhirsch in Hamburg: 24-mal verzeichnete er den höchsten Marktanteil aller Hamburger Radiostationen. Kommen diese Zeiten wieder?

+++ 18 Stunden Radio im Selbstversuch +++

Wenn dem so sein sollte, liegt das weniger an der Stärke von Radio Hamburg - der Marktanteil des Senders ging im Vergleich zur MA I/12 um 0,8 Prozentpunkte zurück. Erstaunlich ist vielmehr die Schwäche von NDR 90,3: Der Marktanteil der Hörfunkwelle, der in der MA I/09 noch bei 25 Prozent lag, bewegt sich seither fast nur noch abwärts. Lediglich in der MA II/10 verzeichnete man ein leichtes Plus, als der Marktanteil um 0,3 Prozentpunkte auf 22,7 Prozent stieg. Nun jedoch sackte der Marktanteil um einen satten Prozentpunkt auf 19,5 Prozent - den schwächsten Wert seit acht Jahren.

Beim NDR ist man sich der Probleme von 90,3 bewusst. Seit Oktober 2011 ist die Direktorin des NDR-Landesfunkhauses Hamburg, Sabine Rossbach, auch Chefin der Hörfunkwelle. Zuvor hatte sie bereits eine Strukturreform bei 90,3 initiiert. Dem Marktanteil hat das alles nicht geholfen. NDR-Intendant Lutz Marmor verweist darauf, dass "die Ergebnisse der Programmreform" von NDR 90,3 "dieses Mal noch nicht eingeflossen" seien. Die Hörfunkwelle will ab 1. Oktober mehr Platz für aktuelle Themen aus Hamburg schaffen. So soll es künftig um 18 Uhr eine aktuelle Nachrichtenzusammenfassung geben. Das "Abendjournal" soll um 19 Uhr beginnen, eine Stunde später als bisher, und die aktuelle Moderation bis 22 Uhr verlängert werden.

+++ Die Ergebnisse der Media Analyse vom März 2012 +++

NDR 90,3 ist aber nicht die einzige Hörfunkwelle des Senders, die in Hamburg Probleme hat. NDR2, das im gesamten Sendegebiet zulegen konnte, verlor in Hamburg 1,5 Prozentpunkte - so viel wie keine andere Radiostation der Stadt - und kommt nur noch auf einen Marktanteil von 10,4 Prozent. NDR Kultur musste 1,2 Prozentpunkt abgeben, was einen Marktanteil von 2,2 Prozent zur Folge hatte. Marktanteile verloren auch die NDR-Wellen N-Joy - von 4,1 auf 3,9 Prozent - und NDR Info - von 3,7 auf 3,6 Prozent.

Bei den Privatsendern setzte sich der Abwärtstrend von Radio Schleswig-Holstein (R.SH) fort. Es verlor einen Prozentpunkt und kommt nur noch auf einen Marktanteil von 1,9 Prozent.

Der große Gewinner der MA II/12 kommt allerdings ebenfalls aus dem Lager der Privaten: Alsterradio konnte seinen Marktanteil um 1,2 Prozent steigern und erreicht nun 5,3 Prozent der Hamburger Radiohörer. Die Wettbewerber Energy und Oldie 95, die beide auf einen Marktanteil von 2,5 Prozent kommen, ließ der Sender klar hinter sich. In der für werbefinanzierte Radiostationen besonders wichtigen Sendezeit von montags bis freitags konnte Alsterradio zwischen 5 und 24 Uhr seinen Marktanteil sogar um 2,1 Prozentpunkte auf 6,4 Prozent steigern.

Verantwortlich für den Positivtrend ist dessen neuer Geschäftsführer Uwe Schneider, der seit Januar im Amt ist. Seit er die Geschicke von Alsterradio lenkt, wurde "extrem rockige Musik", wie er es nennt, dosierter eingesetzt. Thematisch richtet sich die Radiostation, die bisher vor allem für Männer sendete, nun auch an Frauen. Familiengerechte Themen sind dem neuen Geschäftsführer ein besonderes Anliegen. Auch sonst will sich Alsterradio breiter aufstellen - vor allem, wenn es um Geschichten aus der Stadt geht. Als Beispiel nennt er die Sportberichterstattung, in der nun nicht mehr allein der HSV und der FC St. Pauli vorkämen, sondern das gesamte Hamburger Sportgeschehen.

Mit seiner Programmreform ist Schneider aber noch nicht am Ende, weshalb er - trotz der guten Marktanteile und im Gegensatz zu Radio Hamburg und zum NDR - auf eine Pressemitteilung anlässlich der MA II/12 verzichte. Von Alsterradio ist offenbar noch einiges zu erwarten.

Alle Zahlen aus Hamburg, Schleswig-Holstein und der Metropolregion finden Sie auf der Website der Medienanstalt Hamburg-Schleswig-Holstein.