Die Kölner Band Can bringt “The Lost Tapes“ heraus

Die Kölner Band Can hat in ihrer Geschichte allerlei mitgemacht. Prager Frühling, Studentenrevolten, Nixon, Dutschke-Attentat und so weiter. Seit ihrem bewegten Gründungsjahr 1968 agierte die Band immer auf der Höhe der Zeit. Markenzeichen kunstvolle Monotonie, Rhythmus-Orgien, delirierender Gesang. Knirschen, Rattern, Zischen. Keyboarder Irmin Schmidt, Bassist Holger Czukay und Drummer Jaki Liebezeit huldigten dem Experiment und der ausufernden Improvisation. Oberflächlicher, schneller Hörgenuss war mit dieser Band noch nie zu haben.

Dabei formierten sie, was einmal neben Amon Düül die maßgebliche deutsche Krautrock-Band werden sollte. Nebenbei, ein Exportschlager, der die deutsche Populärmusik auch erfolgreich auf internationaler Landkarte platzierte. Unvergessen sind bis heute ihre hypnotischen Hits wie "Spoon" oder "Mushroom". Der Stockhausen-Schüler Irmin Schmidt komponiert Opern, wenn er nicht Rotwein in Südfrankreich genießt, Czukay bastelt mit Partnerin U-She an poppigen Klängen und Liebezeit trommelt mit Burnt Friedman. Can ist Geschichte. Wenn auch eine ohne offiziellen Schluss.

Natürlich hatte auch diese Band mehr Material, als jemals den Weg in die Läden fand. Bänder, die vergessen in irgendwelchen Schubladen in Kellern herumlungerten. Mehr als 50 Stunden Material lagerten im legendären Can-Studio in Weilerswist, in dem die Band seit 1971 alle Alben einspielte. Irmin Schmidt und Jono Podmore haben sich da mit Hingabe durchgehört, das Material gesichtet und eine Compilation von einzigartigem historischen Wert erstellt. Es sind nicht etwa abgestandene Outtakes oder B-Ware, sondern aus unterschiedlichen Gründen archivierte Master-Bänder.

Die Tracks entstanden zwischen 1968 und 1977 in der Originalbesetzung mit dem bereits verstorbenen Michael Karoli an der Gitarre und den Sängern Malcolm Mooney und Damo Suzuki. "The Lost Tapes" bündelt etliche Kracher, die für heutige Ohren echte Juwelen darstellen oder aber als unhörbar gelten dürften. Etwa die rotzige Monotonie von "Waiting for the Streetcar" oder das dem Punk zugewandte "Deadly Doris". "Midnight Sky" badet wiederum in sumpfigen Blues-Riffs. Gespickt ist das Ganze mit wundervollen Live-Versionen von "Spoon" oder "Mushroom" und "One More Saturday Night". Wiederhören macht Freude.

Can: "The Lost Tapes" 3-CD-Deluxe-Box-Set, ab 13.7., Mute/Goodtogo; www.spoonrecords.com