Kurt Tucholskys “Rheinsberg“ gehört zum Kanon der deutschsprachigen Literatur

Rheinsberg. 100 Jahre ist es her, dass Kurt Tucholskys Erzählung "Rheinsberg. Ein Bilderbuch für Verliebte" erschien. Das Buch machte den Autor auf einen Schlag berühmt und bescherte dem Brandenburger Städtchen nordwestlich der Hauptstadt eine unverhoffte Verbindung zu dem Berliner Literaten, der bis auf einen kurzen Aufenthalt im Spätsommer 1911 nie in Rheinsberg war. Heute beherbergt das Rheinsberger Schloss das einzige Kurt-Tucholsky-Museum in Deutschland.

Natürlich gehört auch eine Erstausgabe von "Rheinsberg" zu den Exponaten. Tatsächlich war Tucholsky nämlich als Verliebter in Rheinsberg gewesen und hatte dort mit seiner Freundin Else Weil ein paar Tage verbracht. Die Geschichte von Claire und Wolfgang basiert also auf einer wahren Begebenheit. Wie die Romanfigur Claire studierte die damals 22-jährige Else Medizin - als eine der ersten Frauen in Preußen.

"Wie Claire war Else für die damalige Zeit ungewöhnlich emanzipiert und selbstbewusst", sagt Germanist Peter Böthig, der das Museum 1993 zunächst als Gedenkstätte gründete und seitdem leitet. So fand sie nichts dabei, mit ihrem Freund für einen Kurzurlaub aufs Land zu fahren - ohne verheiratet zu sein. "So etwas gab es zum Ende des Kaiserreichs nur in Künstlerkreisen."

Über Else Weil, die später Tucholskys erste Frau wurde, wusste man lange Zeit recht wenig. Erst durch einen glücklichen Zufall entstand der Kontakt zu einer ihrer Nachkommen. Die Londonerin Gabriele Weil half Böthig, Material über ihre Tante zusammenzubekommen. Sogar eine Sonderausstellung entstand daraus, in der etwa Elses Studienbuch von der Berliner Charité, ein Vorlesungsverzeichnis oder ihre Promotionsurkunde gezeigt wurden.

Lange hielten Tucholsky und Else Weil es miteinander allerdings nicht aus, 1924 ließen sie sich nach nur vier Jahren Ehe wieder scheiden.