Terry Gilliam und John Landis machen London unsicher

Die beiden Herren im Fond der Limousine haben sichtlich Spaß am Spiel. "Ich bin mir der Kamera immer bewusst", sagt John Landis, während er unverwandt direkt in die Linse sieht. Terry Gilliam dagegen ignoriert die Kamera fast schon penetrant und behauptet: "Ich bin immer ich." Sein Nachbar erwidert spöttisch: "Ich wünschte, ich wäre du." Daraufhin Gilliam, betont lässig: "Liegt vielleicht daran, dass ich schon länger ich bin als du."

Eine ziemlich ergiebige Idee, für die Reihe "Durch die Nacht mit" zwei Regisseure zusammenzubringen, die einiges gemeinsam haben: ihren Humor ebenso wie ihre Vorliebe fürs Fantastische (Gilliam) beziehungsweise Unheimliche (Landis), aber auch den problematischen Verlauf ihrer Karrieren.

Der 71 Jahre alte Terry Gilliam war Gründungsmitglied der Komikertruppe Monty Python. Seine erste Regiearbeit war deren "Leben des Brian". Er machte Filme wie "Brazil" und "Twelve Monkeys", die beste Kritiken bekamen und zudem kommerziellen Erfolg hatten. Doch berühmt ist Gilliam auch für die Filme, die er nicht gemacht hat - nicht zuletzt, weil die großen Studios ihm seine üppigen Fantasien nicht mehr finanzieren wollten.

John Landis, 61, ist bekannt für zwei Filme aus den frühen 80ern, die Kultstatus erlangt haben: "Blues Brothers" und "American Werewolf". Außerdem war er Regisseur des legendären Videoclips zu Michael Jacksons "Thriller". Doch ein tragischer Unfall bei den Dreharbeiten für eine Episode von "Unheimliche Schattenlichter" schadete vor 30 Jahren seiner weiteren Karriere erheblich. Beim Absturz eines Helikopters waren der Schauspieler Vic Morrow und zwei Kinder ums Leben gekommen.

Gilliam, der gebürtige US-Amerikaner, der schon lange die britische Staatsangehörigkeit hat, beginnt die Tour durch sein London dort, wo sie für andere endet. Beim Rundgang über den London Cemetery ist es rasch um die Friedhofsruhe geschehen, wenn die beiden laut über George A. Romero, moderne Vampirjäger und Erektionen von Toten blödeln. Beim Dinner in einem kauzigen Separee erzählt Gilliam, dass er seinen modernen Quixote-Film, an dessen Realisierung er seit etwa 20 Jahren scheitert ("my disaster movie"), wohl doch noch drehen wird. Und dass er als 71 Jahre alter Regisseur gerade den Europäischen Filmpreis in der Kategorie Kurzfilm bekommen hat. Sein leicht verbittertes Fazit: "Wir haben heute eine bizarre Situation: Entweder du machst einen Film, der unter zehn Millionen oder mehr als 100 Millionen Dollar kostet. Das ist im Grunde ein Spiegelbild unserer Geschichte. Die Mittelschicht verschwindet." - "Stimmt", sagt Landis.

Zum Finale besuchen sie exklusiv die Tate Modern, wo sie sich zuweilen etwas ratlos - Gilliam vor monochromen Leinwänden: "Ich wünschte, ich hätte eine Meinung dazu" - eine Ausstellung der Japanerin Yayoi Kusama ansehen. Gilliam macht seinem Unmut über Damien Hurst, dem höchstbezahlten Künstler der Gegenwart, Luft: "Ein Hochstapler, der davon profitiert, dass wir in einem Zeitalter der Superreichen leben, in dem Dummheit und Leichtsinn als Paar auftreten."

Der sehenswerte Film klingt in einem schönen Bild aus: Gilliam und Landis verschwinden im Dunkel der Gassen des alten London.

"Durch die Nacht mit Terry Gilliam und John Landis" Sonnabend, 23.30 Uhr, Arte