Véronique Olmis “In diesem Sommer“ erzählt von Freunden und Beziehungen

Drei Paare, die sich jedes Jahr am 14. Juli zu einem Wochenende in einem Haus am Strand treffen. Drei Paare, die über ihre Freundschaft reden, die Eheprobleme haben oder unverbindliche Liebschaften eingehen. Männer, die nicht aufgeben wollen, und Frauen, die nicht alt werden mögen. Was könnte das anderes sein als ein ganz und gar französisches Thema, ein Film von François Truffaut, ein Stück von Yasmina Reza oder ein Roman, wie ihn nur französische Autoren schreiben können: leicht, unterhaltsam und immer mit genau so viel Wiedererkennungswert, dass man ein bisschen nachdenklich wird und sich ein bisschen ertappt fühlt bei seinen abendlichen Gesprächen in der Küche und auf Partys?

Anna Gavalda und Marc Levy schreiben solche Bücher oder Véronique Olmi, eine ausgebildete Schauspielerin, die seit zehn Jahren auch in Deutschland Romane veröffentlicht, die "Die erste Liebe", "Ein Mann, eine Frau" oder "Ihre Leidenschaft" heißen, die sich mit Sehnsucht, Flucht oder einer Reise ans Meer beschäftigen. Einmal angefangen, liest man zügig weiter, denn Olmi kennt unsere Wünsche und Hemmnisse, unsere Emotionen und Schwächen. Sie beschreibt unseren Alltag, der, selbst wenn man glücklich ist, immer einen kleinen Schmerz über alles Ungelebte und Ungesagte enthält. In dem immer Wünsche offenbleiben. In dieses Vakuum stößt Olmi mit ihren federleicht geschriebenen, wehmütigen Romanen, die ganz und gar nicht oberflächlich sind. Sie sind gehaltvoll und ziemlich gut geschrieben, ohne dass sie die Leser beschweren.

"In diesem Sommer" beschränkt sich auf ein Wochenende. Delphine und Denis besitzen das schöne Haus an der Küste der Normandie, aber die Ehe der beiden ist total zerrüttet. Er denkt, sie geht fremd, sie liebäugelt mit einem anderen Leben. Beide versuchen die Stille, die zwischen ihnen lauert, durch Geplauder mit Freunden, die sie sich wie jedes Jahr eingeladen haben, zu übertünchen. Ihre halbwüchsigen Kinder sind ebenfalls mit dabei. Freundin Lola war Kriegsreporterin, sie ist 38 und bringt sich einen zwölf Jahre jüngeren Liebhaber mit, Samuel. Nicolas und Marie scheinen das perfekte Paar, aber beide wirken depressiv. Sie ist 52, und ihr werden nur noch Großmutterrollen angeboten. Er lässt sich von vielfältigem Kummer absorbieren. Und dann ist da Dimitri, ein Junge vom Strand, der sich an Delphines Tochter Jeanne ranmacht und der einigen wie das personifizierte Böse vorkommt.

Dabei ist jeder der Freunde von anderer Unbill verfolgt: Lügen, die Unfähigkeit zu lieben, zu verzeihen oder sich auszusprechen sind nur einige der Misstöne, die ins lustige Feriengewimmel drängen. Ja, und irgendwie, nach all den kleinen Aufregungen, endet es dann doch so, wie unser aller Leben: Man fährt nach Hause, um zurück zur Arbeit zu gehen. Bis auf eine. Die bleibt.

Véronique Olmi: In diesem Sommer Aus d. Franz. von Claudia Steinitz, Kunstmann, 266 S., 18,95 Euro