Kompositionsprofessor Peter Michael Hamel verlässt nach 15 Jahren die Musikhochschule. Seine Stelle wurde den hiesigen Sparzwängen geopfert.

Hamburg. Ein finaler Paukenschlag alter Schule zum Ende, laut, wuchtig und absehbar, das wäre wohl eher nicht seine Art. Wenn der Komponist Peter Michael Hamel bislang für etwas stand, dann für eine in etliche Richtungen mögliche Unberechenbarkeit. Als Nachfolger des ebenso großen wie streitbaren György Ligeti war der Kompositionsprofessor Peter Michael Hamel an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater 15 Jahre lang darum bemüht, seinen Schülern das Denken um die sprichwörtliche Ecke, ins Ungewisse und Aufregende beizubringen.

Deswegen wird es auch keine durch und durch klassisch gestrickte Zeremonie sein, mit der an diesem Sonnabend, kurz nach dessen 65. Geburtstag, die Verabschiedung Hamels in den akademischen Ruhestand endet: Nach der offiziellen Zeremonie mit Ehrendoktor-Verleihung und wohlfeilen Würdenträger-Worten folgt ein Konzert der Krautrock-Band Embryo, bei der Hamel immer wieder Anregungen tankte; Erinnerung auch an einen großen Neugierigen des 14. Jahrhunderts, den Marokkaner Ibn Battuta, der seine Pilgerreise nach Mekka bis nach China verlängert hatte, um seinen kulturellen Wissensdurst zu stillen.

Von Stil-Grenzen ließ sich Hamel nie abschrecken oder einschränken. "Ich habe eine große Sehnsucht nach irgendeiner Vollkommenheit", erklärte er sich einmal. "Die werde ich nicht erreichen, aber das ist eine Triebfeder, um immer weiterzumachen." Nach einer eher konventionell begonnenen Ausbildung eröffnete die Beschäftigung mit Soziologie und Psychologie dem gebürtigen Münchner ganz neue Perspektiven. Prägende Bekanntschaften mit den Freistil-Zeitgenossen Cage, Feldman und Riley gaben weitere Impulse; später kam der Dirigent und Grübler Sergiu Celibidache dazu, bei dem Hamel Phänomenologiestudien betrieb.

Als ausübender Musiker - Theorie war für ihn nie von der Praxis zu trennen - reiste Hamel in alle Himmelsrichtungen, besonders gern nach Asien, und studierte fernöstliche Tonsysteme und Denkschulen. Ein Ergebnis dieser Sinnsuchen war das 1976 erschienene Buch "Durch Musik zum Selbst".

1997 wurde Hamel an die Hamburger Musikhochschule berufen. Zu seinen Schülern gehörten unter anderem Jörn Arnecke und Sascha Lemke, die inzwischen beachtliche Karrieren vorweisen. In Aschau im Chiemgau, wo Hamel seinen Hauptwohnsitz hat, gründete er ein "Interkulturelles Musikinstitut", um die vielen Facetten seiner Einflüsse zu würdigen.

Hamels Stelle wurde den hiesigen Sparzwängen geopfert. "Der Verlust soll zunächst durch die Einrichtung interessanter Gastprofessuren aufgefangen werden", teilte die Hochschule mit, die Fachgruppe Komposition sei aufgefordert, ein Zukunftskonzept zu erarbeiten. Eine Ära endet in der traditionsreichen, auf sich selbst stolzen Musikstadt Hamburg. Hamels Abschied ohne einen angemessenen Nachfolger ist weit mehr als nur eine Pensionierung. Sie ist ein Schlussstrich mit dem Rotstift.

Termine: 30.6., 18 Uhr: Akademische Verabschiedung. Es spielen Studierende und Prof. Niklas Schmidt (Cello). Fanny Hensel-Saal der Hochschule für Musik und Theater/20 Uhr. "Die Klangreise des Ibn Battuta" mit der Band Embryo. Hochschulforum. Eintritt frei.