Nach der Saison ist vor der Saison: “Romantik pur“ mit Schubert und Mendelssohn ist tonangebend beim ersten Rathauskonzert. Reihe startet am Freitag.

Börsensaal. Ferien! Endlich! Das heißt: Füße hochlegen, richtig ausspannen und vor allem - gar nicht an die Arbeit denken. Jedenfalls für die meisten Menschen.

Bei vielen Musikern ist das anders. Da reist die Angst mit, außer Form zu kommen. Bläser fürchten um ihre Lippenspannung, Streicher um die Geschmeidigkeit ihrer Finger.

Aber nicht, wenn sie Hamburger Symphoniker sind. Denn bei denen gilt: Nach der Saison ist vor der Saison. Intendant Daniel Kühnel lobt sein Orchester ja immer wieder als "besonders fleißig", und das völlig zu Recht. Während die Mitglieder manch anderer Klangkörper in Deutschland schon längst Dienstschluss haben, bleiben die Symphoniker in Hamburg und spielen weiter: bei den traditionellen Rathauskonzerten, die jeden Sommer an der frischen Luft, im Innenhof des Regierungssitzes, stattfinden.

Normalerweise jedenfalls. In der fast 40-jährigen Geschichte der Reihe ist es, natürlich nur ausnahmsweise, schon auch mal vereinzelt vorgekommen, dass die Hamburger Sonne nicht ganz so unbeschwert lachte. Damit das Open-Air-Vergnügen trotzdem nicht ins Wasser fällt, zieht das Orchester dann in den Börsensaal der Handelskammer um. Wegen der trüben Wetteraussichten - Gewitter nicht ausgeschlossen - ist auch der Auftakt zur diesjährigen Rathauskonzertsaison heute Abend nach drinnen verlegt. Aber das schöne Programm bleibt davon unberührt.

Unter dem Motto "Romantik pur" präsentieren die Symphoniker drei Werke des 19. Jahrhunderts. Zum Auftakt gibt es Franz Schuberts "Rosamunde"-Ouvertüre, die den Hörer zuallererst mit düsteren Blechbläserakkorden empfängt, bevor eine fremdartig anmutende Melodie der Streicher in einen energischen Hauptteil überleitet. Mit diesen kräftigen Kontrasten beschwört Schubert die exotische Atmosphäre einer Geschichte von Rittern, Feen und Feuerteufeln. Ursprünglich ist die "Rosamunde"-Ouvertüre nämlich für ein Stück namens "Die Zauberharfe" entstanden. Musikalische Schauerromantik wie aus dem Bilderbuch.

+++ Hornist aus Horn +++

Einen ganz anderen Ton schlägt dagegen Schuberts fünfte Sinfonie an, die das Programm beschließt. Da gibt sich der Komponist noch ganz verspielt und jugendlich; mit einem unverkennbar wienerisch gefärbten Thema im ersten Satz, mit der liedhaften Schlichtheit im Andante und einem spritzig-stürmischen Finale.

Zwischen den beiden Schubert-Werken erklingt eines der beliebtesten Meisterwerke der Romantik: das e-Moll-Violinkonzert von Felix Mendelssohn, durchdrungen von weit ausgreifenden Melodien, leuchtenden Farben und großen Emotionen. Eine Musik zum Schwelgen und Schwärmen, voller Feuer und Leidenschaft, aber dann auch wieder ganz innig, vor allem im langsamen Satz. Kein Wunder, dassder große Geiger und Brahms-Kumpel Joseph Joachim das Violinkonzert als "Herzens-Juwel" bezeichnet hat.

Der Beginn des ersten Satzes ist übrigens auf dem Hamburger Mendelssohn-Denkmal gegenüber vom Michel verewigt - allerdings mit einem verkehrten Notenwert. Dumm gelaufen.

Naoya Nishimura wird das Thema und auch den Rest seines anspruchsvollen Soloparts aber sicher ohne diesen Fehler und überhaupt sehr schön spielen. Der japanische Geiger ist seit Anfang 2012 Konzertmeister der Hamburger Symphoniker und hat schondiverse Wettbewerbe gewonnen, bevor er über die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz in den Norden kam. Der Erste Geiger des Hamburger Orchesters tritt hier in die Fußstapfen von Mendelssohns Freund Ferdinand David, dem Konzertmeister des Leipziger Gewandhauses, für den der Komponist das Stück damals geschrieben hatte.

Am Pult der Symphoniker ist erstmals Peter Sommerer zu erleben. Der Oberösterreicher, gerade mal Mitte 30, studierte zunächst Geige am Bruckner-Konservatorium in Linz und begann seine Dirigentenkarriere Ende der 90er-Jahre in Wien, wo er unter anderem die "Neue Oper" leitete. Zur kommenden Saison wird er Generalmusikdirektor beim Landestheater Schleswig-Holstein.

Nach seinem Debüt bei den Hamburger Symphonikern kann Sommerer den Sommer genießen. Dagegen geht's für die Orchestermusiker erst noch ein paar Wochen weiter: Bis Ende Juli stehen vier weitere Rathauskonzerte auf dem Plan - aber dann sind auch für sie Ferien. Endlich!

1. Rathauskonzert "Romantik pur" Fr 29.6., 19.30, verlegt in den Börsensaal der Handelskammer (U Rathaus), Adolphsplatz 1, Karten zu 28,-

Die weiteren Rathauskonzerte: 3., 11., 17. und 22.7.