Hamburg. Mitte der 90er-Jahre waren Legionen von Gymnasiasten und Studenten, na, wahrscheinlich auch etliche ausgewachsene Mannsbilder in die amerikanische Songwriterin Fiona Apple verschossen: Zu zart und schön war diese Frau, als dass man ihr hätte widerstehen können. Da waren ja auch die betörende Stimme und das zugleich Spröde und Liebliche. Für das Debüt "Tidal" wurde die 1977 in New York geborene Musikerin für den Grammy nominiert. So erfolgreich war sie seitdem nicht mehr, weil sich die Anfänge nicht zu einer Weltkarriere auswuchsen. Knapp anderthalb Jahrzehnte später erscheint nun die vierte, ganz wundervolle Platte "The Idler Wheel Is Wiser Than the Driver of the Screw and Whipping Cords Will Serve You More Than Ropes Will Ever Do". Ein Bandwurmtitel, und auch sonst ist die Fiona Apple von 2012 sperrig und widerborstig.

Die vom Jazz beeinflussten, am Klavier komponierten Stücke werden wütend und selbstquälerisch in die Tasten gehauen. Nein, Fiona Apple ist immer noch keine lebenslustige Person; aber welcher Singer-Songwriter, der etwas zu sagen hat, ist das schon? Fiona Apple singt in "Jonathan" von ihrem Ex-Freund - der spürt ihre Fäuste, die zierlichen, auf der Brust.

Fiona Apple singt vom Schmerz, der nachts kommt und sich unter ihre Haut schleicht. Sie ist zu verletzlich, wahrscheinlich. Das Leben mit seinen Unbilden rauscht durch ihre Adern. Es lässt sie vibrieren wie ihre Songs.

Es ist kein schlechter Song auf der Platte, weil Miss Apple keine gute Laune hat.