Natürlich lesen wir lieber Liebesgeschichten, die gut ausgehen und die Hoffnung nähren, dass Menschen über Kurzzeitpartnerschaften hinauskommen und Treueschwüre länger als ein paar Monate halten. Doch oft bewegt uns das Traurige mehr, lassen wir uns von tragischen Schicksalen stärker anrühren als von seichten Happy Ends. Der vielfach ausgezeichnete Journalist und Romancier Erwin Koch, Mara-Cassens-Preisträger des Jahres 2003, hat solche Lebensläufe notiert - allesamt "wahre Geschichten", die ihm seine Protagonisten anvertraut haben. Mit dem ihm eigenen Stil der sprachlichen Reduktion gelingt es Koch, zwischen den Zeilen viel Luft zu lassen - Luft, die die Leser brauchen, wenn sie diese fast immer im heillosen Desaster endenden Lebenswege aushalten wollen.

Neunmal nimmt uns Erwin Koch mit, in die Schweiz, nach Moldau oder Mexiko; neunmal zeigt er uns Menschen, die von der Liebe (zu) viel erwarten und denen Krankheiten oder Unglücksfälle bald einen gewaltigen Strich durch die Rechnung machen. "Die Liebe nimmt uns alles, doch sie gibt auch viel zu viel", sang einst Connie Francis. Erwin Koch macht aus der Schlagersentenz ergreifende Literatur. Seine Geschichten sind raffinierte Kondensate, als könnte es gelingen, ganze Biografien in einem Liebig-Würfel zu komprimieren. Im Kopf des Lesers werden daraus große Romane.

Erwin Koch: "Was das Leben mit der Liebe macht. Wahre Geschichten". Corso Verlag, 132 S., 19,90 Euro.

In "Aufgeblättert" stellen im Wechsel Rainer Moritz, Annemarie Stoltenberg (NDR) und Wilfried Weber (Buchhandlung Felix Jud) Bücher vor