Darüber konnte man auch ohne Deutschkenntnisse lachen: Der Grünen-Chef Cem Özdemir über seine ganz spezielle Beziehung zum Komiker-Duo Stan Laurel & Oliver Hardy

Die Woche in meiner Kindheit hatte Höhen und Tiefen. Der Montag begann mit einem Tiefpunkt - Schule - und zog sich hin, bis es am Freitagabend um kurz nach sechs dem absoluten Höhepunkt entgegenging. Neben den frühen Helden der Slapstick-Komödien in Schwarz-Weiß - ganz vorne die großartigen Charlie Chaplin und Buster Keaton - tauchten für mich erstmals Stan Laurel und Oliver Hardy am Komödienhorizont auf. Zwei Männer, die so gut befreundet sind, dass sie im Film sogar das Bett miteinander teilen. Mehr allerdings auch nicht, und man muss zugeben, dass die Frauen nicht gut wegkommen. Allerdings ist auch das Miteinander von Stan und Ollie ungewöhnlich komisch: Eigentlich müsste vor jedem Film und auch im Abspann der Hinweis laufen: "Don't try this at home!" Oft saß ich mit meinem Vater vor dem Fernsehgerät, und wir lachten beide herzhaft, wenn Stan und Ollie Probleme lösen wollten, aber dabei die Welt zerlegten.

Ihr geradezu anarchischer Humor funktionierte auch ohne große Sprachkenntnisse. Ollies Standardsatz in nahezu jedem Film: "Da hast du mir ja wieder einen schöne Suppe eingebrockt", versteht jeder. Und wenn die Hose am Allerwertesten brennt, bedarf es keiner Worte.

Deshalb waren Stan und Ollie auch etwas Besonderes für Migrantenkinder wie mich, weil wir mit den Eltern ohne Deutschkenntnisse lachen konnten. Diese Erfahrung habe ich mit meinem Vater gemacht und mache sie heute, inzwischen selbst zum zweifachen Vater geworden. Natürlich weihe ich auch meine Tochter in den Humor der großen Meister ein, und ihr Lachen widerlegt die These, dass die Filme der beiden Männerhumor sind. Der schöne Nebeneffekt ist übrigens, dass meine Tochter bei der Vorstellung, Stan und Ollie könnten uns mal besuchen, lieber selbst ihr Zimmer aufräumt. Schließlich will sie nicht, dass die beiden dabei das ganze Haus in Schutt und Asche legen. Am schönsten aber ist es, wenn drei Generationen Özdemir auf dem Sofa über Stan und Ollie lachen.

Dabei dürfen die Running Gags nie fehlen: Stan, der sich auf dem Kopf kratzt, wenn er sich über etwas wundert, oder Ollie, der irgendwann einen Besenstil oder vergleichbares ins Auge bekommt. Ollie, der vermeintlich Klügere, bekam immer noch etwas mehr ab als Stan, der, wie ich später erfuhr, der Kopf des Duos war. Erst Mitte der 70er-Jahre hat ihnen Theo Lingen zu der Ehre verholfen, die dem unsterblichen Komikerduo gebührt. Er zeigte ihre Filme, in die er liebevoll einführte, in ganzer Länge und ersetzte vor allem "Dick und Doof", wie sie bis dahin im Vorabendprogramm hießen, durch "Lachen Sie mit Stan und Ollie". Für meine Eltern, die das Duo bereits aus dem Kino in der Türkei kannten, hießen sie "Laurel & Hardy" wie für alle türkischen Fans. Deshalb kam es mir auch nicht in den Sinn, sie auf Dick und Doof zu reduzieren. Stan war stets Opfer der Umstände und konnte deshalb gar nicht dumm sein und Ollie hatte - auch im wirklichen Leben - sicher ein Gewichtsproblem, aber dass er sportlich war, konnte man nicht zuletzt an der berühmten Klavierszene sehen, in der beide ein Klavier über eine ewig lange Treppe hochtragen mussten ("The Music Box", wofür es 1938 einen Oscar gab).

Was aber hoffentlich immer bleiben wird, ist das große Lachen über die beiden großen Meister ihrer Zunft.

Filmreihe "Laurel & Hardy" Arte zeigt heute um 16.20 Uhr den Film "Frischer Fisch" und um 20.15 Uhr die Dokumentation "Laurel und Hardy - Die komische Liebesgeschichte von ,Dick & Doof'".

Cem Özdemir ist Bundesvorsitzender der Partei Bündnis 90/Die Grünen