Das Weihnachtsprogramm zeigte die große stilistische Bandbreite des Ensembles

Hamburg. Am Ende, als der NDR Chor seinen Besuchern ein Heißgetränk spendierte, wehten ein paar Glühweinduftwölkchen in den Kirchenraum von St. Nikolai. Aber das war's dann auch schon (fast) mit süßlichen Aromen: Dirigent Philipp Ahmann und seine Sänger mieden das bei solchen Anlässen allgegenwärtige Zuckerbäckerrepertoire und präsentierten ein wohltuend kitschfreies Weihnachtsprogramm.

Dabei konnte das Ensemble seine große stilistische Bandbreite unter Beweis stellen: Sie reichte von zwei Schütz-Motetten - die Ahmann in kleinerer Besetzung singen ließ und sehr durchsichtig ausformte - bis zu romantischen Werken von Mendelssohn und Brahms und einigen zeitgenössischen Stücken. Auch da phrasierte der Chor bis in die feinen Verästelungen hinein textgenau und klar, badete zwischendrin aber immer wieder in warmen Klängen - wie in Morten Lauridsens "O Magnum Mysterium", dem einzigen Glühweinstück des Abends.

Höhepunkt war Arvo Pärts Magnificat mit seinen dichten Spannungsbögen und den Farbwechseln zwischen weichem Pianissimo und strahlendem Forte. Die karge Aura der Musik passte hervorragend ins kühlblaue Licht des Altarraums und bildete einen schönen Kontrast zu den anschließenden Weihnachtsliedsätzen von Max Reger, in denen der NDR Chor das Trommelfell mit sanften Säuselklängen beträufelte.

Nicht alle Schwingungen sirrten so geschmeidig wie hier: Die ungeplanten Dissonanzen im Summ-Teppich des ersten Sandström-Stücks entlockten Ahmann ein irritiertes Stirnrunzeln; auch beim Solistenquartett verrutschte die Intonation hin und wieder.

Aber das war schon fast vergessen, als der Chor schließlich gemeinsam mit dem Publikum "Es ist ein Ros' entsprungen" anstimmte - und die Sinne nahezu unmerklich von süßen Düften umnebelt wurden.