Beeindruckende Künstlerbiografie: “Sing, Inge, sing!“

"Sing, Inge, sing! Der zerbrochene Traum der Inge Brandenburg" dokumentiert eine Karriere, die dem Potenzial der Künstlerin nie gerecht zu werden vermochte: Inge Brandenburg wurde 1960 zur besten europäischen Jazzsängerin ernannt, war aber "zur falschen Zeit am falschen Ort", wie es einmal heißt. Jazz blieb in Deutschland immer ein Randbereich der Musik, mit dem man kein Geld verdienen konnte. Entsprechend drängten Plattenfirmen die begabte Sängerin immer wieder in Richtung Schlager - 1960 waren von 100 verkauften Schallplatten 88 Schlager. Sie habe den Eindruck, Jazzsängerinnen sollten nicht mitdenken, sagt Brandenburg selber dazu.

Wie sie mitdachte, demonstriert sie in dem Film u. a., wenn sie erläutert, wie sie "Summertime" intoniert - einen Halbton tiefer. Ein Teil des Nachlasses der 1999 verstorbenen Sängerin landete auf dem Flohmarkt. Ein Sammler fand ihn dort, das gab den Anstoß zu diesem eindringlichen Dokumentarfilm von Marc Boettcher, der bereits die Karrieren von Alexandra, Gitte Haenning und Bert Kaempfert aufzeichnete.

Aus Interviews und Fernsehtalks, darunter auch zwei späten aus den Jahre 1971 und 1992, sowie den Aussagen vieler Weggefährten und nicht zuletzt Auftritten zwischen Ende der 50er bis hin zu 1995, zeigt der Film die Kompromisslosigkeit einer Künstlerin, deren Temperament sie auch schon mal ausfallend werden ließ (zumal unter Alkoholeinfluss), sodass die Berliner Staatsanwaltschaft 1968 ein psychiatrisches Gutachten über sie anfertigen ließ - Deutschland, deine Künstler.

Bewertung: überragend

Sing! Inge, sing! Der zerbrochene Traum der Inge Brandenburg D 2011, 118 Min., R: Marc Boettcher, D: Inge Brandenburg, Fritz Rau, Klaus Doldinger, Peter Herbolzheimer u. a., täglich im 3001 (außer Sa), Koralle-Kino (außer Sa/So/Mo); Internet: www.Inge-Brandenburg.de