Die Hip-Hop-Band The Roots legt mit “Undun“ ein starkes Konzeptalbum vor

Ein heller Pfeifton steht am Anfang. Er kommt aus einem Kardiografen und markiert den Tod von Redford Stephens. Der junge Schwarze ist seinen Schussverletzungen erlegen. Ein Schicksal, wie es immer wieder junge Afroamerikaner in den US-Großstädten erleiden. In Cleveland und Baltimore genauso wie in Philadelphia. Von dort stammt das Hip-Hop-Kollektiv The Roots. Es eröffnet sein elftes Studio-Album mit dem Titel "Undun". Redford Stephens ist eine erfundene Figur. Auf "Undun" erzählen die Roots sein Leben rückwärts von seinem Tod bis zu seiner Kindheit.

Eine ganze Reihe verschiedener Einflüsse und Anregungen standen Pate bei der Entwicklung dieses Konzeptalbums. Ahmir "Guestlove" Thompson, schwergewichtiger Schlagzeuger der Roots, erwähnt ein Album von Prince Paul mit dem Titel "A Prince Among Thieves", das vor 13 Jahren schon mal ein ähnliches Thema behandelte. Der Name "Redford" ist einem Song von Sufjan Stevens entnommen. "Als wir die Figur von Redford Stephens entwickelt haben, dachten wir an Avon Barksdale aus der TV-Serie ,The Wire', einen gebildeten Schwarzen, der aufs College hätte gehen können. Doch Avon traf eine Menge schlechter Entscheidungen, indem er einen Dealerring aufzog und dann dafür bezahlen musste", erzählt Thomson in einem Interview mit dem US-Magazin "Spin".

Musikalisch fällt bei "Undun" auf, dass "Guestlove" sein wuchtiges Schlagzeugspiel deutlich zurückgenommen hat. Lediglich bei "The Other Side" lässt er es so krachen, wie man es von den Roots-Alben gewohnt ist. Ähnlich rau und hart klingt auch "Stomp", doch hier ist ein Hardrock-Gitarrenriff die rhythmische Basis des Tracks. Viele der Nummern sind orchestriert, wirken aber dennoch nie überladen. Die Texte und die Raps der zahlreichen Gäste dominieren das Album. "Undun" ist endlich mal wieder ein Beispiel dafür, wie ernsthaft Hip-Hop mit sozialen Themen und den Lebensumständen der Afroamerikaner umgehen kann, ohne allzu pädagogisch zu sein. Die Schilderung des Alltags und die Fehlentscheidungen von Redford Stephens reichen aus, um den Abgrund deutlich zu machen, in den er stürzen wird. "Undun" wirkt wie der Soundtrack zu "The Wire" mit seinen Drogengangs.

In "Tip The Scale", dem zehnten der elf Tracks, beginnt Redford Stephens' verhängnisvoller Weg. Er sieht keine Chance für sich, er fühlt sich behandelt wie ein Tier, ohne Aussicht, ein sinnvolles Leben zu führen. Mit der Frage "homicide or suicide", also "Mord oder Selbstmord", beginnt der Song. Als Alternative erscheint Redford nur die Karriere als Dealer. Doch das wird ihn später das Leben kosten, auch wenn er zeitweise in Saus und Braus leben konnte. "Viele von uns kennen solche Schicksale aus der eigenen Familie", sagt Thompson. Gut, dass die Roots vor dieser harten Realität nicht die Augen verschließen, denn "Undun" ist ein wichtiges Hip-Hop-Album geworden.

The Roots: Undun (Sony Music); www.throots.com