Carmen Korn hat mit “Vorstadtprinzessin“ einen eindringlichen Kriminalroman geschrieben. Sie schürt darin eine Atmosphäre latenter Bedrohung.

Nicht erst seit Tina Uebels Roman "Last Exit Volksdorf" weiß man, dass die Idylle in den grünen Oasen am Stadtrand nur eine scheinbare ist. Auch die Hamburger Autorin Carmen Korn erzählt in ihrem jüngsten Kriminalroman "Vorstadtprinzessin" eine Geschichte, die an der Peripherie der großen Stadt spielt. Ein wenig weiter draußen noch, als dies bei Tina Uebel der Fall ist, aber auch ein wenig brutaler, gewalttätiger, schließlich geht es um Mord, um mehrere Morde gleich. Die Opfer sind Mädchen, sehr junge blonde Mädchen. Und es ist Sommer.

Es ist eine ungemein einfühlsame, psychologisch dicht gewebte Geschichte, die Carmen Korn in ihrem neuen Roman auffächert. Sie schürt darin eine Atmosphäre latenter Bedrohung, unterschwelliger Angst, die sich breitmacht und in die Häuser kriecht zu den Menschen.

Dort wohnen auch der schüchterne Theo und der forsche Lucky, zwei Jugendliche, 17, 18 Jahre alt, die befreundet sind seit Kindertagen, jener Zeit, die auch nicht immer unschuldig war. Ihre Freizeit verbringen die beiden Jungs meist Eis oder Fertigpizza essend im Tre Castagne, einem kleinen italienischen Bistro, der einzigen kulinarischen Attraktion am Ort, die ein Hauch von Vorstadttristesse umweht, zu der es jedoch kaum eine Alternative gibt.

Erste amouröse Irrungen und Wirrungen löst die lebenslustige, wenngleich ein wenig undurchschaubare Leni aus. Sie entstammt einem wohlhabenden, wenngleich tief zerstrittenen Elternhaus und geht ihren eigenen Weg, immer auf der Suche nach einem kleinen oder auch größeren Abenteuer.

Als eines Tages das erste tote Mädchen in einem nahe gelegenen Waldstück gefunden wird, ist es da, das Abenteuer, das keiner gewollt hat.

Mit Theo und Lucky jedoch spielt Leni nur, denn was sie wirklich will, können ihr die Jugendlichen nicht bieten. Da ist Max, der ältere Bruder von Lucky, schon ein ganz anderes Kaliber. Mit dem Gesetz ist er bereits mehrfach in Konflikt geraten, und so nimmt es wenig wunder, dass die ersten Ermittlungen des Kommissars sich auf Max konzentrieren.

Auch Leni hat ein Auge auf Max geworfen, wenngleich aus ganz anderen Gründen. Doch die Tage mit ihm sollen sich ganz anders gestalten, als sich das junge Mädchen es je hätte träumen lassen. Denn Max ist im Milieu unterwegs, und Leni verschwindet eines Tages spurlos aus der Vorstadt.

Carmen Korn taucht in ihrem höchst lesenswerten Roman tief ein in das Seelenleben Jugendlicher und leuchtet die Sorgen und Nöte in jenen Jahren des charakterlichen Umbruchs nuanciert aus. Geschickt verzahnt sie dabei diese entwicklungspsychologische Ebene mit der dramatischen Kriminalgeschichte, sodass sich die Spannung mal pulsierend, mal fein geschliffen Bahn bricht. Garniert ist die Geschichte mit einem schlüssig entwickelten Plot, der so stimmig wie überraschend das Finale einläutet. Ein Psychothriller der eindringlichen Art.

Carmen Korn: "Vorstadtprinzessin". cbt/Random House, 357 S., 9,99 Euro

(abendblatt.de)