John von Düffels Romanheld in “Goethe ruft an“ kämpft mit einer Schreibblockade

Schriftsteller mit Schreibblockaden sind ein dankbares Thema der schönen Literatur - das weiß jeder, der John Updikes "Henry Bech" kennt, die "Zuckerman"-Romane von Philip Roth oder "Letzte Grüße" von Walter Kempowski gelesen hat.

Auch der Ich-Erzähler in John von Düffels "Goethe ruft an" gehört zu diesen ermatteten Helden, die nichts mehr zustande bringen und ihr Heil in der Flucht vor dem Schreibtisch suchen. "Er hätte da etwas für mich, sagt Goethe am Telefon, nachdem er sich offen-freundlich nach mir erkundigt hat und ich ihm ausweichend-mürrisch geantwortet habe, natürlich nur, sagt er, wenn es in meine literarischen Pläne passe und ich nicht gerade an etwas Größerem sitzen würde ..."

Tatsächlich sitzt Düffels Mann schon seit Ewigkeiten an etwas Größerem. In einem Augenblick schonungsloser Selbsterkenntnis hat er sich bereits einen "als Schriftsteller getarnten Arbeitslosen" genannt, als Goethe anruft. Der Großschriftsteller. Der mitnichten Goethe heißt, aber so wahrgenommen wird. Als einer, dem alles gelingt. Astronomische Startauflagen, "selbst bei Gedichtbänden"! Diese Lichtgestalt bietet dem Erzähler an, ihn, Goethe, beim exklusiven Sommerkurs "Leichtschreiben" zu vertreten. Und so reist der Erzähler in den Spreewald. Bewaffnet mit einer Mappe, in der alles steht, was zum Thema Leichtschreiben zu sagen und zu wissen ist. Im Gepäck hat der Goethe-Vertreter eine Tiefstpreisbadehose Größe S, denn das Leichtschreiben hängt, wie ihm Goethe erklärt hat, ursächlich mit dem morgendlichen Leichtschwimmen in diesem sensationellen Hotel zusammen. Hier komme man zu sich auf die leichteste, unbekümmertste Weise.

Man ahnt, dass es anders kommen wird. Und tatsächlich verliert der Stellvertreter die Mappe mit der Goethe-Formel - es handelt sich um das handgeschriebene und niemals kopierte Original - bereits bei der Anreise. Und zum ersten Treffen mit den vier Kursteilnehmern kommt er Stunden zu spät, weil der billige Rotwein noch nachwirkt. Zu allem Überfluss muss er in einem der Teilnehmer auch noch den gefürchteten Literaturkritiker erkennen, der seinen ersten Roman verrissen, dem er also quasi seine Schreibblockade zu verdanken hat!

"Goethe ruft an", von Düffels sechster Roman, zeigt den 45-Jährigen auf der Höhe seiner Möglichkeiten. Das Buch ist eine schwungvoll-elegante Komödie über die Jagd nach dem Erfolg, die im Ton an Martin Walser erinnert. Vor allem an die Romane, in denen Gottlieb Zürn die Hauptrolle spielt - auch so ein Hasenfuß, der sich früh im "Glück des Unterlegenen" einrichtet.

John von Düffel: "Goethe ruft an" . DuMont Verlag, 318 Seiten, 19,99 Euro