Der Hamburger Niels Frevert präsentierte im Bunker neue Songs und alte Herzstücke

Hamburg. "Das ist ganz schön aufregend, in der Heimat zu spielen", sagt Niels Frevert später, gegen Ende seines Konzerts im bestens gefüllten Uebel & Gefährlich. Doch als der Hamburger Musiker dann reduziert zu Piano und Cello seinen Song "Waschmaschine" singt, da scheint er seinen Auftritt, das lauschende Publikum, ach dieses ganze merkwürdige Leben doch einfach lächelnd zu genießen.

Immer wieder guckt Frevert Einzelne in der Menge an, als wolle er herausfinden, was da gerade so los ist bei den Menschen, die seine Lieder mögen. Lieder über Eichhörnchen und Straßenecken, über Leichen und einsame Freunde, Glückskekse und Doppelgänger, diamantene Schneidezähne und "das Gefühl von fremd in der Welt".

Mit fünfköpfiger Band war er in den Bunkerklub gekommen, um sein neues Album "Zettel auf dem Boden" zu präsentieren, aber auch, um alte Herzstücke vorzutragen. Fein arrangiert waren die Nummern. Mal federnd leicht, mal dunkel dräuend, aber immer emotional dicht. Mit Vibrafon, Akkordeon, Flügelhorn und Besen auf dem Schlagzeug klang's oft eher nach Easy Listening als nach Singersongwriterkunst. Frevert selbst bediente meist die akustische Gitarre, ab und an auch die elektrische.

Vielleicht nur hätte der Vorab-Musiker, der sich The Late Call nennt, nicht diese Hightech-Anekdoten erzählen sollen zu Beginn des Abends. Denn die Mikrofone knacken und knarzen beim frevertschen Auftritt mitunter gehörig. "Soundcheck!", rufen Einzelne aus der Menge. "Leiser, bitte!" fordern andere. Oder: "Weniger Bass!" Wenn es einen Seelenkünstler wie Frevert betrifft, scheint es den Anhängern wie Fußballfans zu gehen: Plötzlich ist jeder der Trainer. Oder eben der Tontechniker. Jeder will mitreden, das Beste rausholen. Doch der Künstler, er bleibt gelassen, fährt sich durchs Haar, dass er neuerdings nach hinten kämmt, ein paar Strähnen fallen zurück auf die Stirn, und weiter geht's. "Frustrationstoleranz, Herr Frevert", singt er sich selbst zu, die Stimme nah und dringlich.

Mit "Blinken am Horizont" intoniert Frevert ein Erinnerungslied, das dem Tod ein schunkelndes Schnippchen schlägt. Und in dem schwelenden Song "1 m² Regenwald" erzählt er uns, dass ein jeder "die Sache mit dem Geld" und ach dieses ganze merkwürdige Leben schon selbst übernehmen muss: "Niemand wird kommen/Dich zu retten,/wie einen Regenwald-Quadratmeter/oder ein WWF-Tier." Der Lässigkeitspoet, er spricht die Wahrheit. Aber er verpackt sie schöner, als sie ist.

"Will noch jemand was sagen?", fragt er schließlich. Vor der allerletzten Zugabe. "Wir sehen uns ja so selten." Und dann kommt ein alter toller Hit: "Du musst zu Hause sein". Viele waren das genau in diesem Moment.