Wenig Worte, starke Bilder: Das Regiedebüt “Atmen“ des österreichischen Schauspielers Karl Markovics ist überaus gelungen.

Das Ritual ist entwürdigend, aber der 18 Jahre alte Roman (Thomas Schubert) ist es gewohnt und lässt es mit stoischer Ruhe über sich ergehen. Bevor er seinen Freigang aus der Justizvollzugsanstalt antreten kann, werden alle Körperhöhlen von Beamten untersucht. Roman ist nach Jahren hinter Gittern menschlich wie erstarrt. Auf eigenen Wunsch beginnt er in seiner Zeit außerhalb der Gefängnismauern bei einem Bestattungsunternehmen zu arbeiten. Ein merkwürdiges Ansinnen, aber er könnte demnächst entlassen werden und soll sich bewähren. Zunächst stellt er sich bei diesem Job linkisch an. Von dem zynischen Kollegen Rudolf (Georg Friedrich) wird er auch noch gemobbt. Roman muss den Umgang mit den Toten noch lernen, aber er schafft es und findet so auch wieder einen besseren Zugang zu den Lebenden. Und er macht sich auf die Suche nach seiner Mutter Margit (Karin Lischka).

Einer der bekanntesten Schauspieler Österreichs, Karl Markovics ("Die Fälscher"), inszeniert im Alter von 48 Jahren seinen ersten Spielfilm und bekommt gleich eine Einladung nach Cannes. Zu Recht, denn "Atmen" ist ein ruhiger, genau beobachtender und vielschichtiger Film. Markovics setzt nicht so sehr auf Dialoge. Zusammen mit seinem Kameramann Martin Gschlacht hat er eine Bildsprache entwickelt, die ein Genuss ist. So zeigt er in drei sich ähnelnden, aber leicht variierten Unterwasserszenen wie in einem Triptychon Romans sich veränderndes Verhältnis zu seinen Mitmenschen. Und als Fiesling Rudolf Martin doch noch seine Sympathie bekundet, macht er das, indem er ihm in einem stummen Dialog vor dem Spiegel zeigt, wie man sich die Krawatte bindet. Seine Mutter trifft er vor einem Plakat mit der Aufschrift: Tauchen Sie ein ins Abenteuer! Markovics zeigt sich hier als sensibler Beobachter der Folgen menschlicher Isolation und deren Überwindung.

Bewertung: empfehlenswert

Atmen Österreich 2011, 93 Minuten, ab 12 Jahren, R: Karl Markovics, D: Thomas Schubert, Karin Lischka, Georg Friedrich, täglich im Abaton; Internet: www.atmen-derfilm.at