Der Broadway-Hit mit vier großartigen Schauspielern begeistert mit der deutschen Erstaufführung von “Zeitstillstand“ am St.-Pauli-Theater.

Hamburg. Vier großartige Schauspieler, eine geschmeidige Inszenierung und ein Stück, das sich mit Moralvorstellungen über den Krieg und die Liebe beschäftigt - was kann da schiefgehen? Gar nichts. Am St.-Pauli-Theater feierte Donald Margulies' Stück "Zeitstillstand" über zwei Kriegsreporter und ein befreundetes Paar - ein Hit, der im vergangenen Jahr äußerst erfolgreich am Broadway lief - nun seine deutschsprachige Uraufführung. Leslie Malton, Thomas Heinze, Rudolf Kowalski und Rosalie Thomass begeisterten durch differenzierte, anregend lockere Zeichnung, die die Wahrheiten ihrer Charaktere sorgfältig herausschälte.

Margulies, ein erfahrener und mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneter Stückeschreiber, hat mit "Zeitstillstand" ein griffiges Gebrauchsstück geschrieben, das nach der Verantwortung fragt, die Menschen füreinander übernehmen, sei's im Krieg oder in der Liebe. Sarah und James sind ein Kriegsreporterpaar, das trotz aufrichtiger Gefühle füreinander nie zu jener Beziehung findet, die Gleichgewicht und Gelassenheit kennt. Immer rumort etwas, immer passt gerade etwas nicht. Vielleicht haben die Kriege und Katastrophen der Welt, von deren Schauplätzen die beiden seit acht Jahren als Reporter und Fotografin berichten, schon Verwüstungen in ihrem Inneren angerichtet.

Leslie Malton und Thomas Heinze können die Liebe dieses Paares füreinander, ihre wachsende Entfremdung leise und oft auch mit Humor herausarbeiten. Sarah, die zu Beginn mit schweren Kriegsverletzungen ins New Yorker Heim zurückkehrt, ist diszipliniert und arbeitet mit stählerner Kraft daran, Konflikte zu lösen und die Wunden der Welt zu dokumentieren. Auch um den Preis, sich selbst zu verletzen oder ihre Gefühle zu unterdrücken.

Liebe, Krieg, Journalismus: "Zeitstillstand" feiert Premiere

Das Leben betrachtet sie am liebsten durch das Okular, fern und auf einem Foto eingefroren. "Ich darf es nicht an mich ranlassen", sagt sie, die nicht mehr aufhören kann, Krieg, Elend und Schrecknisse im Bild festzuhalten. Ihr Freund Jamie dagegen will heiraten, Schluss machen mit all dem Grauen, "an dem man nichts ändern kann", und zu Hause bleiben. Thomas Heinzes Jamie ist ein freundlicher, verspielter, besorgter Fast-Ideal-Mann. Doch nett allein genügt nicht, wie jeder weiß. Und so begegnen wir in jeder neuen Szene dem wachsenden Graben zwischen James und Sarah.

Ganz anders deren Freunde Richard und Mandy. Er, ein alternder Bildredakteur, sie eine sehr junge, aufgekratzte Eventmanagerin. Rudolf Kowalski lächelt souverän den Unterschied zwischen beiden weg. Und Rosalie Thomass spielt ihre Mandy so herrlich naiv, aber nie blöd, dass man ihre kindlichen Fragen an Moral und Verantwortung von Journalisten in Kriegszeiten gut verstehen kann.

"Warum haben Sie fotografiert und nicht geholfen?", fragt sie Sarah, die erklärt, sie habe Beweise sammeln wollen. Man argumentiert, und am Ende findet jeder natürlich nur seine eigene Wahrheit. Mandy will Mutter sein, die Männer wollen ihre Ruhe finden, und Sarah kann nicht loslassen von ihrer Mission.

Ein bisschen vorhersehbar ist alles. Aber Regisseur Ulrich Waller hat mit lockerer Hand einen unterhaltsamen Abend inszeniert, für den Raimund Bauer eine schicke Loft-Wohnung gebaut hat (Kostüme: Ilse Welter). "Tolle Schauspieler, tolle Dialoge, aber nicht immer ein fesselndes Stück", so fasste ein Zuschauer in der Pause seine Eindrücke zusammen. Wenn man's in einem Wort sagen will: stimmt.

"Zeitstillstand" St.-Pauli-Theater, 9., 10., 12., 14. bis 19.12., jeweils 20 Uhr, Karten erhältlich unter der Tickethotline 040/30 30 98 98