Mit “Weltkammermusik“ lockt das David Orlowsky Trio die Liebhaber feiner, beschwingter Klänge nach Kampnagel

Kampnagel. Es kann einen Künstler nicht wirklich glücklich machen, wenn in nahezu jedem Text über ihn im ersten Satz neben seinem Namen sogleich der Name eines Zweiten auftaucht, dem er angeblich alles verdankt oder ohne den seine Karriere womöglich auf ewig Wunschtraum geblieben wäre. Wer über den Klarinettisten David Orlowsky schreibt, tut ihm also einen Riesengefallen, wenn er seinen vermeintlichen Mentor erst im zweiten Absatz nennt.

Gern geschehen. Giora Feidman, der wohl mal Orlowskys Mentor war, aber für keine einzige Unterrichtsstunde sein Lehrer, ist ein ganz Großer des Instruments, auf dem auch David Orlowsky seine wortlosen Lieder singt. Der Name Feidman wird hierzulande gern als Synonym jenes Genres verwendet, in dem auch der 1981 in Tübingen geborene Klarinettist musikalisch flügge wurde und dem er doch, auch künstlerisch frei wie ein Vogel, längst entflogen ist. Feidman und Orlowsky schätzen und mögen einander weiterhin - und teilen die leise Genervtheit über das falsche Stereotyp vom Übervater und seinem begabten Schüler.

Doch kein Zweifel: Klezmer stand nicht nur am Anfang der Musik des David Orlowsky Trios, eine Klezmer-Attitüde färbt auch weiterhin Spielweise und Kompositionen. Was das seit 15 Jahren bestehende Ensemble heute an Klängen fabriziert, nennt der von der Blässe mangelnden Selbstbewusstseins nicht angekränkelte Klarinettist allerdings lieber "chamber.world.music" - Weltkammermusik. Es sind darin die klagenden, fragenden, leisen Töne des Klezmer weiterhin enthalten wie dessen jubelnde, spöttische oder verwegene Melodien, die in charakteristischer Gleichzeitigkeit das musikalische Erbe der Juden prägen. Was Orlowsky, den mittlerweile doppelten Echo-Klassik-Preisträger, und seine langjährigen Begleiter Jens-Uwe Popp (Gitarre) und Florian Dohrmann (Kontrabass) neben harmonischen und rhythmischen Gewitztheiten noch von klassischen Klezmorim unterscheidet, ist ihr subtiles, von allen folkloristischen Derbheiten gereinigtes Zusammenspiel.

"Party zum Zuhören", "Konzert zum Tanzen" oder "eine Band wie ein Streichquartett": solche Zuschreibungen gefallen Orlowsky. In seinem Trio herrscht zudem ein Grad an intuitivem Verbundensein mit den Kollegen, "dass die schon daran, wie ich einatme, das Tempo erfassen, das ich haben möchte". So viel blindes Verständnis untereinander ist Orlowsky von reinen Kammermusik-Ensembles und Orchestern, mit denen er sonst gerne überwiegend Neue Musik aufführt, nicht gewohnt.

Für das heutige Konzert in der K 6 auf Kampnagel, mit dem auch Aufmerksamkeit für das kürzlich erschienene Album "Chronos" geweckt werden soll, erweitert sich das Trio zum Quintett. Der israelische Mandolinenspieler Avi Avital, von Haus aus Barockspezialist, und der österreichische Bandoneonist Klaus Paier bereichern die Klangfarben des Trios und erhöhen, wo nötig, noch dessen Drive. Beschwingter und sanfter lässt sich die norddeutsche Seele in diesen tagdunklen Wochen wohl kaum hinterm Ofen hervorlocken.

David Orlowsky Trio & Guests heute, 19.30, K 6, Kampnagel (Bus 172, 173) Jarrestraße 20, Tickets zu 39,- unter T. 27 09 49 49