Lars von Trier erhält für das Endzeitdrama “Melancholia“ den Europäischen Filmpreis. Auch “Pina“ von Wim Wenders wird ausgezeichnet.

Berlin. Am Ende schimmerte der Europäische Filmpreis doch ziemlich stark in Rot und Weiß. Dänische Filmemacher drückten der Verleihung in Berlin ihren Stempel auf: Lars von Triers "Melancholia" wurde als bester europäischer Film gekürt. Sein Endzeitdrama war in acht Kategorien nominiert gewesen und gewann drei Preise. Der Regisseur blieb jedoch der Verleihung fern und schickte stattdessen seine Ehefrau, um den Preis abzuholen. Er verpasste eine Veranstaltung mit Höhen und einigen Tiefen.

Die gute Nachricht zuerst: Es war ein erfolgreiches Jahr für den europäischen Film. Allein die in der Kategorie bester europäischer Film nominierten Werke repräsentieren höchstes internationales Niveau, auch wenn schwermütige Dramen überwogen. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferte dem großen Favoriten "Melancholia" der britische Film "The King's Speech" über den stotternden König George VI., der ebenfalls dreimal ausgezeichnet wurde, darunter Colin Firth für seine Titelrolle.

Auch seine schottische Kollegin Tilda Swinton darf sich für die Anerkennung ihrer Leistung im Erziehungsdrama "We Need To Talk About Kevin" freuen. Allerdings waren auch Swinton und Firth nicht nach Berlin gekommen.

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Gastgeber Wim Wenders musste die kuriose Situation bewältigen, als Präsident der Europäischen Filmakademie selbst nominiert worden zu sein und für seine Tanzdokumentation "Pina" auch noch den einzigen Preis nach Deutschland geholt zu haben. Er plädierte im Tempodrom für die grenzüberschreitende Wirkung von Kultur. Es habe in jüngster Zeit einige merkwürdige Euro-Gipfel gegeben: "Dieser Gipfel hier ist anders." Auch Volker Schlöndorff äußerte sich angesichts der Euro-Krise besorgt und malte für die Zukunft zwei mögliche Szenarien aus: einen Horrorfilm, in dem die Staaten wieder auseinanderdriften, und einen mit einem Happy End, bei dem die Krise überwunden wird.

Im Auditorium machte sich gegen Ende etwas Unmut breit. Anke Engelke moderierte zwar gewohnt routiniert mit einigen hübschen Einfällen. Aber der Aufmarsch der Laudatoren in 17 Kategorien kostete viel Zeit, der Weg bis zum Mikrofon war weit. Zudem wurden alle nominierten Filme vorgestellt - jedes Mal. So bekam man im Laufe des Abends acht Synopsen zu "Melancholia" zu hören. Zu viel des Guten.

Zu den Höhepunkten zählte die raue, aber herzliche Laudatio von Stellan Skarsgård auf Mads Mikkelsen, der für seinen Beitrag zum Weltkino geehrt wurde. "Du siehst nicht gut aus, du hast nur ein interessantes Gesicht", frotzelte er. Und in Anspielung darauf, dass Mikkelsen in seiner Heimat zum "sexiest man alive" gewählt worden ist, schränkte der Schwede ein: "Dänemark ist eben ein sehr kleines Land." Der Geehrte bedanke sich postwendend. "Du bist wie ein Urgroßvater für mich." Die dänische Oscar-Gewinnerin Susanne Bier, in deren Filmen Mikkelsen oft herausragend spielte, hielt mit ihrem Drama "In einer besseren Welt" alle Konkurrenten in der Regie-Kategorie in Schach.

Von ihren Sitzen erhoben sich die Zuschauer dann für Michel Piccoli. Der Franzose war für seine Rolle als zukünftiger Papst mit Berufsängsten in "Habemus Papam" zwar nominiert worden, hatte aber nicht gewonnen. Mit leeren Händen wollte man ihn offenbar nicht gehen lassen. Er bekam den Ehrenpreis als Überraschung. Für sein Lebenswerk wurde Stephen Frears geehrt: "Als Kind hatte ich noch nie vom europäischen Kino gehört, denn ich bin Brite. Später bin ich davon verführt worden."

Am Ende überbrachte Lars von Triers Frau Bente Froge eine neue Botschaft von ihm. Der Däne war beim Festival in Cannes mit unsinnigen Nazi-Vergleichen bei einer Pressekonferenz in Ungnade gefallen und meidet seitdem öffentliche Auftritte. Die Botschaft, die er seiner Frau mit auf den Weg gab, hätte gut zum ebenfalls nominierten französischen Stummfilm "The Artist" gepasst. Sie bestand lediglich aus einem freundlichen Winken.