Spice Girl Melanie C zeigte solo im Gruenspan, wie viel Energie sie fernab großer Hallen erzeugen kann

Hamburg. Folgt man einer kommerziellen Logik, ist es einem Künstler natürlich zu wünschen, dass er riesige Hallen bespielt. Doch für das Publikum erhöht sich die Intensität oftmals, wenn es ein Konzert im kleinen Klub erlebt. Der Funke muss nicht erst große Gräben überspringen, um zu zünden. Einzige Voraussetzung: Sie muss grundsätzlich vorhanden sein, die Energie. Melanie C versprüht davon reichlich bei ihrem Auftritt im Gruenspan. Der 37-jährige Popstar strahlt auch solo seit Jahren ohne ihre einstige Erfolgsgruppe Spice Girls. Und am Dienstagabend leuchtet sie von Anfang an.

Wellenrauschen aus dem Off verweist auf ihr neues Album "The Sea". Und zu den kraftvollen Beats von "Rock Me" stolziert die Sängerin dann auf die Bühne. Knallenge, rote Lederhose. Die Stilettos mit gefühlt 20 Zentimeter hohen Pfennigabsätzen. Ihre braunen Haare fallen über ein schwarzes Tanktop, aus dem ihre muskulösen, tätowierten Arme ragen. Der Hüftschwung ist akkurat. Melanie C wirbelt umher, kickt ein Bein in die Höhe, beugt sich aber auch hinab, um einige der knapp 600 Fans zu begrüßen. Ihr Körper ist energiegeladen, ihre Gesten sind konzentriert - eine Balletttänzerin des Pop.

Ein großes Glück dieses Konzerts ist es, dass kein plakativer Plastikpopsound produziert wird. Stattdessen geben die fünfköpfige Band und die zwei Backgroundsängerinnen Melanie Cs Stimme viel Raum - ob bei Powerpop oder Rock, ob bei aktuellen Balladen wie "Weak" oder bei älteren Nummern wie "Never Be The Same Again" von ihrem Solodebüt "Northern Star" aus dem Jahr 1999. Vor allem beim eingeschobenen Akustikteil mit Songs wie "One by One" lässt Melanie C ihr raues Timbre fließen. Und auch vor neuen Herausforderungen scheut die Britin nicht zurück - und greift für "Burn" zur Gitarre.

Melanie C scherzt und plaudert mit dem Publikum. Und sie genießt es sichtlich, auf der Bühne diverse Rollen zu durchleben. Ob als fragile Frau in dem Rosenstolz-Cover "Let There Be Love" (Gänsehaut!) oder als wilde Tänzerin in schnelleren Stücken wie "When You're Gone" oder "Turn To You".

Als die Sängerin als letzte Zugabe "First Day In My Life" anstimmt, liegen sich Menschen in der Menge in den Armen und singen beherzt mit. Ihr Star ist ihnen ganz nah. Melanie C stellt mit ihrer Ausstrahlung und den schlichtweg schönen Melodien so etwas wie die gute Seite des Radiopop dar. Und so manche Vokalartistin, die große Arenen mit überambitionierten Shows bespielt, darf sich bei "Sporty Spice" gerne mehrere Scheiben abschneiden.