Hamburg. Was ist von der Skandal-Attitüde geblieben nach 17 Jahren Rammstein? Nicht viel. Bis auf wenige Ausnahmen regt sich niemand mehr über die Band auf. Zum in kürzester Zeit ausverkauften Konzert in der O2 World kommen Vater, Mutter und Kind genauso selbstverständlich wie Kutten tragende Rocker und düster geschminkte Teenies. Und auch die Feuilletons sind im Umschwenken begriffen. Immer öfter treten in der Berichterstattung über die sechs Berliner "Ironie" oder "Oper" an die Stelle von wortreich ausgedrücktem Unbehagen ob Kolossalgestus und Riefenstahl-Ästhetik.

Doch Rammstein ist keine Oper, ist auch nicht postmodern gebrochen. Rammstein ist Pop. Und wie jeder andere Popmusiker auch erfüllen die Herren um Frontmann Till Lindemann die Erwartungen ihrer Fans. Die wollen Feuer sehen, viel Feuer. Die wollen ausbrechen aus dem Alltag, indem sie T-Shirts tragen, auf denen "Stacheldraht im Harnkanal" steht und Textzeilen wie "Bück dich, befehl ich dir" mitgrölen. Sie wollen ein Massenerlebnis.

Und genau das bekommen sie. Zwei Stunden perfekt orchestrierte, bombastische Show, nach denen man fast Mitleid mit den Musikern hat. Nicht wegen der Verletzungsgefahr durch Flammenwerfer, Knaller, Feuerbälle.

Sondern weil sie selbst dann keine andere Musik machen könnten, wenn sie es wollten. Rammstein ist keine Band mehr. Sondern eine Showmaschine, in der Till Lindemann und Co. lediglich die größten Rädchen sind.