Igor Levit wird am 12. Dezember im Kleinen Saal in der Laeiszhalle seine interpretatorische Vielseitigkeit unter Beweis stellen.

Kammermusik, ist das nicht nur etwas für Verstiegene, Spinner, Orchideenliebhaber? Bestenfalls gepflegter Zeitvertreib für ältere Herren mit Bauchansatz? Mitnichten. Kammermusik ist nicht weniger als die ganze Welt in einer Nussschale: alle ihre Farben, Stimmungen eingefangen in Miniaturen oder auch durchaus auf große Wirkung hin konzipierte Werke, die zum Kostbarsten gehören, was die Musikgeschichte für uns bewahrt hat.

Die Gattung hat ein weites Herz. Sie hat Platz für Liederabende genauso wie für Werke in den ungewöhnlichsten

Besetzungen. Die Reihe "Kammermusik" setzt den Schwerpunkt bei dem, was das Herz und den Löwenanteil des Repertoires ausmacht: bei der Literatur für Streicher, gern angereichert durch ein Klavier oder einzelne Bläser. Die Brüder Capuçon spielen im Trio, der Klarinettist Martin Fröst kommt mit dem Programm seines eigenen Festivals. Und der junge Pianist Igor Levit bestreitet einen Abend ganz allein, auch das ist schließlich Kammermusik, unter der Überschrift "Liszt in Italien".

In der Laeiszhalle hat der heute 24-Jährige vor zwei Jahren mit einem vor Energie, Farbigkeit und Spielwitz förmlich berstenden Ersten Klavierkonzert von Prokofjew ein triumphales Debüt gegeben, damals begleitet vom NDR Sinfonieorchester unter John Axelrod. Da war Levit schon längst kein unbeschriebenes Blatt mehr. Seit er 2005 bei der renommierten "International Arthur Rubinstein Piano Master Competition" in Tel Aviv in gleich vier Kategorien ausgezeichnet wurde, feiern ihn Publikum und Kritiker, wo immer er auftritt. Am 12. Dezember wird er in der Laeiszhalle seine interpretatorische Vielseitigkeit unter Beweis stellen. Schon Brahms' Bearbeitung der berühmten Geigen-Chaconne von Johann Sebastian Bach für die linke Hand ist ein Langstreckenlauf für einen Pianisten. Levit bringt beides zusammen: historisch informiertes, stilgerechtes Spiel und unbedingten Ausdruckswillen. Wie genau er jedem Komponisten verpflichtet ist, das erschließt sich besonders im Vergleich. Für Liszt wählt Levit ganz andere Phrasen, Bögen, Klangfarben - und eine Subjektivität und Wildheit, die bei Bach so fehl am Platz wären, wie sie hier die Musik erst schlüssig, lebendig, glaubwürdig machen. Keine noch so haarsträubende Schwierigkeit wirkt bei diesem Künstler ausgestellt oder nach leerem Virtuosengehabe. Und im Zentrum steht, als wäre der Name Programm, Ludwig van Beethovens Sonate "Der Sturm".

Igor Levit: Liszt in Italien 12.12., 20.00, Laeiszhalle (Kleiner Saal). Karten unter T. 35 76 66 66

Nächstes Konzert in der Reihe: Vinterfest mit Fröst 22.2.12, 20.00, Laeiszhalle (Kleiner Saal)