Klaus Schumacher gibt mit “ Hiob“ am Schauspielhaus ein besinnliches Gleichnis von Liebe und Leid

Hamburg. Herrschte am Wochenende im Thalia zum Vergnügen des Publikums der helle Theaterwahnsinn, setzte das Schauspielhaus mit der "Hiob"-Passion von Joseph Roth vergleichsweise brav und treuherzig auf Besinnlichkeit und innere Einkehr zur Adventszeit. "Wir selbst sind es, wir haben zu wenig geliebt", erkennt der fromme Jude Mendel Singer am Ende seines Leidenswegs, der ihn und seine Familie aus dem engen Schtetl im zaristischen Russland in die neue "fröhliche" Welt von Amerika führt. Michael Prelle zeigt ihn als Patriarchen ohne Kaftan und Kippa, spielt eindringlich Singers Wandlung zum einsamen wie einsichtigen Menschen und sich überzeugend ins Zentrum von Klaus Schumachers bilderbogenhaft klarer Inszenierung.

Der jungen Generation steht die weite Welt offen: Über die Halbkugel auf der Drehbühne toben Singers Kinder Schemarjah (Stephan Schad), Jonas (Stefan Haschke) und Mirjam (Julia Nachtmann). Der jüngste Sohn Menuchim (Martin Wißner) ist als Epileptiker das "Unglück" der Familie, die Mutter Deborah (Marlen Diekhoff) gegen Armut und religiösen Starrsinn ihres Mannes durchbringt. Doch Söhne und Tochter rebellieren gegen den Vater. Er hockt auf den von Katrin Plötzky auf der Vorbühne gestapelten Brettern. In seinen Monologen hadert er mit Gott und seinem Los, beharrt auf der Ordnung seiner "alten Welt".

Die gerät jedoch unaufhaltsam in Bewegung. Unter dem herabhängenden Mikrofon-Mobile kreist der Hügel im ersten Teil zu Tobias Vethakes Klang-Installation. Der Musiker verstärkt in Loops die Angst-, Schmerz-, Lust- oder Freudenschreie, sampelt sie mit dem Elektro-Cello zu "Menuchims Lied", das von der ganzen Welt erzählt.

Aber im märchenhaften "Hiob"-Gleichnis darf auch das Wunder nicht fehlen. Der Krüppel Menuchim wird ein berühmter Dirigent und Komponist. Gleich einem Todesengel erscheint er zum versöhnlichen Finale seinem Vater, der ihn zwar verlassen, aber nie vergessen hat.

Koen Tachelet hat Roths "Roman eines einfachen Mannes" für die Bühne bearbeitet, wechselt zwischen Erzählung und Spielszenen, die zuweilen ineinandergleiten. Auch die Schauspieler halten mal Distanz zu den Figuren, identifizieren sich dann wieder mit ihnen. Doch verzichten sie auf die Darstellung der jüdischen Lebenswelt, rücken die Geschichte aus der Ferne nahe an unsere Umbruchszeit und erzählen berührend humorvoll von Generationskonflikt und Auswandererschicksal, von Umbruchszeiten und unverhofftem Glück in der Verzweiflung.

Hiob: 21., 26.11., 7., 14., 20. 12. u. 6.1.2012, jeweils 20 Uhr, Schauspielhaus, Karten unter T. 24 87 13; www.schauspielhaus.de