Hamburg. Stephan Graf von Bothmer ist ein echter Stummfilm-Aktivist. Vor seinem Konzert am Dienstag in der Laeiszhalle hielt der Filmmusiker erst mal ein ebenso leidenschaftliches wie informatives Plädoyer für Opas Filmkunst und forderte Artenschutz für die alten Streifen: "Die vergammeln langsam in den Archiven." Erst danach setzte er sich an den Flügel und begleitete Friedrich Wilhelm Murnaus Klassiker "Nosferatu - Symphonie des Grauens".

So ganz stellt sich besagtes Grauen in dem Film von 1922 heute allerdings nicht mehr ein. Zu putzig wirkt Murnaus schlecht manikürter Graf - dargestellt von Max Schreck (!) - verglichen mit den Hochleistungsvampiren in "Blade" und "Underworld". Vereinzelte Lacher verrieten, dass das Publikum sich wohl bestens amüsierte, aber kaum erschauerte.

Bothmer kommentierte den Film durch verschiedene Zeit- und Stilebenen in der Musik: Für die heimelige Biedermeierwelt zauberte er Schmachtakkorde und Melodien nach Art der Salonpianisten hervor; mit dem Einbruch des Unheimlichen schlich sich tonartfreies Gelichter ein; und für die musikalische Umsetzung des Grauens schließlich entlockte er seinem Klavier denaturierte Klänge, die mehr nach Elektronik als nach Steinway klangen. So erschien Murnaus Geschichte über den Herrn des Schwarzen Todes mehr als eine filmisch-musikalische Reflexion über traute Romantik und die Schrecken der Moderne.

Um die Hoffnung auf den Erlöser geht es bei Stephan Graf von Bothmers nächstem Stummfilmkonzert: Im Februar 2012 kommt er mit dem Monumentalstreifen "Ben Hur" wieder nach Hamburg.