Klaus Schumacher inszeniert Joseph Roths Roman “Hiob“ im Schauspielhaus

Amerika ist und bleibt ein Sehnsuchtsort, wenn auch bisweilen ein fragwürdiger. Der Kontinent gilt als Symbol für die erfolgreiche Glückssuche in der Fremde, aber auch für Entwurzelung und Scheitern. Die Dichtkunst des galizischen Kulturjournalisten und Schriftstellers Joseph Roth (1894-1939) lebte vom Geist der versinkenden Weimarer Republik. Von der Reibung an der Historie, deren Wechselfälle ihn 1933 ins Pariser Exil zwangen. Mit "Hiob" inszeniert Klaus Schumacher nun Joseph Roths berühmten Auswanderer-Roman aus dem Jahr 1930 in einer Theaterfassung von Koen Tachelet. Premiere ist am 19. November im Schauspielhaus.

Roth verarbeitete in der Familiensaga um den frommen Lehrer Mendel Singer, der mit seiner Familie im Grenzgebiet des russischen Zarenreichs lebt, seine ostjüdische Herkunft und die Trauer um den Zerfall des multinationalen Österreichs der Kronländer. "Der Stoff sagt eine Menge aus über den Übergang zur modernen Welt", erklärt Klaus Schumacher. "Er beschreibt genau, wie sehr sich das alte Europa auf Amerika hin ausrichtete, auf Wachstum und Selbstverwirklichung." Das verbindet er mit einer Glaubenskrise.

Die Geschichte setzt vor dem Ersten Weltkrieg ein. Der älteste Sohn Mendel Singers geht zum russischen Militär, der jüngere desertiert und landet mithilfe von Schleusern in Amerika. Die Tochter flirtet leichtsinnig mit Kosaken. Um das zu unterbinden, wandert die Familie in die vermeintlich ideale Neue Welt aus. Zurück bleibt Menuchim, der als behindert geltende, schweigsame jüngste Sohn.

Das Land der Utopie, es entpuppt sich bald als Hort des Unglücks. Die Familie ist von dem dort herrschenden Wertesystem, das den materiellen Wohlstand ins Zentrum rückt, schon bald überfordert. Ein Sohn fällt im Krieg, der andere bleibt verschollen, Mutter Deborah stirbt an Verzweiflung, die Tochter erliegt dem Wahnsinn. Diese Prüfungen des Lebens pflanzen einen Gotteszweifel in Mendel Singer, der schwer an ihm nagt. Schumacher vergleicht das mit unseren weniger dramatischen Verhältnissen: "Mit Milchkaffeeschlürfen im Szenecafé kommen wir nicht sehr weit. Uns fehlt ein spiritueller Überbau."

Im Leben des Mendel Singer lässt Roth völlig unerwartet doch ein Wunder geschehen, das ihn spät wieder in der Schwere des Glaubens-Glückes ruhen lässt. Dieser "Märchenschluss" führte zu heftiger Kritik. "Das macht ihn gerade aus", sagt Schumacher. "In einer Zeit der Beschleunigung und scheinbar endloser Möglichkeiten der Kommunikation zeigt Roth einen Weg auf, der eher zu etwas Ursprünglichem zurückführt." Damit ist "Hiob" zugleich ein metaphysisches Märchen.

Hiob Premiere Sa 19.11., 20.00, Schauspielhaus (U/S Hbf.), Kirchenallee 39, Karten ab 9,- und Termine unter T. 24 87 13; www.schauspielhaus.de