Wenn mein Onkel sich mit etwas auskannte, so waren das Stress, Gewalt und Aggression. Schon als Kind hatte er Hooligan werden wollen. Nach der Schule hatte er diverse Gewaltpraktika in sozial schwachen Gegenden absolviert, wo er erpresste, erniedrigte oder Finger für Geld abschnitt.

Stress, Gewalt und Aggression sind das Fundament des Lebens, pflegte er zu predigen, war er bei uns zu Besuch, und nahm mit diesen Worten meine Eltern in den Schwitzkasten. Uns Kinder forderte er immer auf, ihm ein Auge auszustechen, nur um uns dann zu überwältigen und auf den Boden zu drücken. An Geburtstagen schenkte er uns Messer und Schlagringe, die Mutter später vergrub.

Onkel Hans trug meist Schneeanzüge, die ihn muskulöser wirken ließen. Einmal hatte ich ihn einen dieser Anzüge ablegen gesehen, und es war, als entsteige unserem Onkel ein ganz anderer Mensch - fast schmächtig wirkte dieser.

Onkel Hans konnte unvermittelt aus dem Nichts auftauchen und uns von hinten würgen, so lange, bis wir errieten, wer er war, und wenn wir Onkel Hans riefen, war er meist so sauer darüber, dass wir es erraten hatten, dass er noch einmal würgte.

Liebe, das war nichts für Onkel Hans - Onkel Hass, wie Mutter ihn scherzhaft nannte. Liebe kannte der Onkel nur von Tieren. Er hatte einen Hund, den er, wie er sagte, adressiert hatte, sodass dieser nun auch wie er zu Gewalttätigkeit neigte. Der Hund hieß Van Damme. Oft sahen die beiden zusammen Filme, "Bloodsports" etwa. Packen, schrie Hans, und Van Damme packte uns, und Hans zeigte dann, wie einfach es nun wäre, uns einen Finger abzuschneiden, wir müssten aufpassen. Er konnte nachts an unser Bett kommen, mit einem Plastikmesser, wickiwicki, flüsterte er - das Geräusch des Fingerabschneidens.

Heute ist Hans zu alt für Gewalt, er redet nur noch davon. Am 23. November gibt es im KörberForum eine Diskussion zu dem Thema. Vielleicht kommt er. Aufpassen!