Der Saxofonist Gabriel Coburger erhält heute den Preis der Hamburger Ritter-Stiftung. Der Eintritt zum Konzert in der Laeiszhalle ist frei.

Hamburg. Dienstags sitzt Gabriel Coburger oft an der Kasse der Bar 227. Und hofft, dass möglichst viele Leute in den kleinen Klub unter der Sternbrücke kommen, um für sieben Euro Eintritt Jazz abseits des Mainstreams zu erleben. 27,5 Zuschauer hat die von ihm initiierte Reihe "Fat Jazz Urban X-Changes" im Jahresdurchschnitt. "In den Ferien kommen manchmal nur sieben Zuhörer, wir hatten aber auch schon 70", sagt er.

Coburger weiß, dass dieser Dienstags-Klub die "Nische von der Nische" ist, denn der Jazz im Allgemeinen hat es schwer, Aufmerksamkeit zu bekommen. Avantgarde-Gruppen aus diesem Segment werden kaum wahrgenommen. Dennoch steckt der 44 Jahre alte Musiker eine Menge Energie und Herzblut in diese Reihe. "Es geht darum, Spielmöglichkeiten zu schaffen und Musiker aus anderen Städten wie Berlin oder Köln hierherzuholen."

Wenn Gabriel Coburger heute in der Kleinen Laeiszhalle den mit 15 000 Euro dotierten Preis der Ritter-Stiftung entgegennimmt, ist das nicht nur die Würdigung seines überragenden Könnens auf dem Saxofon, sondern auch der Lohn für sein Engagement, den aufgeklärten Jazz weiter im Bewusstsein zu halten. "Erstmalig wird ein Jazzmusiker ausgezeichnet, der zu den bedeutendsten Saxofonisten und Komponisten der Gegenwart gehört. Als Instrumentalist verfügt er nicht nur über eine präzise, virtuose und ausgereifte Spieltechnik, sondern über einen unverwechselbaren, ausdrucksvollen Sound", heißt es in der Begründung des Vorstands der Ritter-Stiftung, die diesen Preis zum elften Mal vergibt. Beim heutigen Konzert in der Laeiszhalle wird Gabriel Coburger mit seinem Quartett und im Duo mit dem Pianisten und Kirchenmusiker Claus Bantzer ausschließlich eigene Kompositionen spielen.

Bereits als 18-Jähriger hatte der 1967 in Hamburg geborene Coburger die hiesige Szene betreten. Das Onkel Pö hatte damals, Mitte der 80er, gerade seine Pforten geschlossen, das Birdland öffnete, und an der Hochschule für Musik und Theater wurde von Dieter Glawischnig der Jazzstudiengang eingerichtet. "Für junge Leute war die Jazz-Szene in Hamburg damals tot", erinnert sich Coburger. Er selbst begann mit einer Traditional-Jazzband, den Blackbirds of Paradise, und trieb sich nachts oft in Dennis' Swing Club an der Papenhuder Straße herum. Dort fanden immer wieder Jamsessions statt, und dann und wann tauchten sogar Berühmtheiten auf. Coburger hat in dem längst geschlossenen Klub unter anderem mit Herbie Hancock, Clark Terry und Lou Donaldson gejammt - US-Stars, deren Adrenalinspiegel nach ihren Konzerten in der City so hoch war, dass sie mit lokalen Musikern oft bis zum Morgengrauen weiterspielten.

Seinen unverwechselbaren Stil und seine überragende Technik hat Gabriel Coburger ein paar Jahre später in New York entwickelt. Dort studierte er als Stipendiat an der New School und wurde von Legenden wie Lee Konitz und Dewey Redman unterrichtet. Anschließend blieb er vier weitere Jahre in der Metropole, in der Hunderte von erstklassigen Jazzmusikern leben und sich um die nicht ausreichenden Auftrittsmöglichkeiten balgen.

Den Oldtime Jazz hatte Coburger inzwischen lange hinter sich gelassen. Über Miles Davis und John Coltrane war er stilistisch in die Bereiche des Jazz-Rock und des Post-Free-Jazz vorgestoßen. "Ich war immer auf der Suche nach Musik, die mich tief berührt, die etwas Hymnisches und eine spirituelle Kraft besitzt", sagt er. Und die kann man bei Gabriel Coburger immer spüren - ob er in einem großen Saal wie jüngst beim Überjazz-Festival mit der NDR-Bigband oder in einem kleinen Klub neben einer Brücke vor einem Dutzend Zuhörern spielt.

Gabriel Coburger heute, 19.30, Kleine Laeiszhalle (U Messehallen/U Gänsemarkt), Eingang Gorch-Fock-Wall, Eintritt frei; Internet: www.gabrielcoburger.de