Ein britisches Produzentenduo hat den Sound des 68-Jährigen Crooners Tony Christie auf dem Album “Now's The Time“ mächtig aufgemöbelt.

Nun hat er es doch noch geschafft: Tony Christie wird künstlerisch anerkannt. Das schien gerade in Deutschland kaum möglich. Denn hier war er zwar auch in den Jahrzehnten populär, als in seiner Heimat Großbritannien längst niemand mehr etwas von ihm hören wollte; aber als Schlagersänger, der Weihnachtsalben und anderen Fließbandkitsch auf den Markt warf, nicht als ernst zu nehmender Sänger.

Doch jetzt hat der 68-Jährige, der nicht einmal davor zurückschreckte, seinen vier Jahrzehnte alten Hit "Is This The Way To Amarillo" mit der Hermes House Band neu einzusingen, mit "Now's The Time" ein überraschend gutes Album vorgelegt. Es hat ihm neben neuen Fans auch die Wertschätzung der Kritiker eingetragen.

Das Produzentenduo Richard Barratt und Michael Ward hat den Sound des Briten mächtig aufgemöbelt. Schon beim titelgebenden ersten Song sieht man Christie vor dem inneren Auge eine Showtreppe hinabstolzieren, einen Martini in der Hand, die andere lässig den Takt mitschnipsend. "Now's The Time" gibt die Marschrichtung der Platte vor: Zurück in die 60er- und 70er-Jahre, zurück zu opulenten Arrangements und schmissigen Rhythmen. Dazu passt Christies Tenor, zumal ihm Barratt und Ward höchst selten Platz für das ganz große Melodrama lassen. Nur bei "Steal The Sun" plätschert - von Piano und Streichern umschmeichelt - das pure Pathos aus den Boxen, sonst fängt der kraftvolle Sound von Bläsern und trockenem Schlagzeug, dessen Einflüsse sich aus Northern Soul und dem Werk von Burt Bacharach speisen, das übermäßig Gefühlige verlässlich wieder ein.

Zehn der Songs gehen auf das Konto von Barratt und Ward, für zwei weitere hat man sich stilsicherer Zuarbeit von außen versichert. Pulp-Frontmann Jarvis Cocker hat für Christie die zeitlose "Get Carter"-Titelmelodie bearbeitet, das augenzwinkernde "Get Christie" daraus gemacht. Stärkstes Stück des Albums ist aber "7 Hills", Christies Duett mit Róisín Murphy, einer Hälfte des TripHop-Duos Moloko. Countryeskes mit einem treibenden Beat unterlegt ergibt eine Nummer, die auch jenseits des Bewertungsmaßstabes "Tony Christie früher" versus "Tony Christie heute" zu überzeugen weiß.

"Now's The Time" beweist erneut: Mit dem richtigen Material können auch Sänger glänzen, von denen man das nicht erwartet hätte.